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Redner: freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit?

Frage

Ich möchte gerne in Erfahrung bringen, wie "Speaker", Redner bzw. Vortragsredner eingestuft werden - freiberuflich oder gewerblich? Wie sieht es mit der Pflichtversicherung aus? Was - wenn es sich um Comedy-Unterhaltungsredner handelt?

Antwort

Unter welchen Voraussetzungen die von Ihnen genannten Tätigkeiten steuerlich freiberuflich sind, können Sie sehr gut der einschlägigen Rechtsprechung entnehmen. Dass im Folgenden ein Urteil zum Trauerredner zitiert wird, sollte Sie nicht irritieren.

(Zitat) Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehört nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG die selbständig ausgeübte künstlerische Tätigkeit. Die Tätigkeit einer Trauerrednerin ist allerdings keine freiberuflich künstlerische i.S. dieser Vorschrift, wenn die Rednerin in der überwiegenden Zahl der Fälle nach Redeschablonen verfährt. Bei notwendiger Wertung der Gesamttätigkeit kann die Gebrauchsrede nur dann als künstlerisch angesehen werden, wenn sie im Wesentlichen eigenschöpferisch ist und eine gewisse Gestaltungshöhe erreicht. Dabei muss das Künstlerische sowohl dem Inhalt als auch der Form nach verwirklicht sein. Daran fehlt es, wenn der Redner in der überwiegenden Zahl der Fälle mit der Verwendung weniger Grundmuster auskommt und nur für besonders gelagerte Ausnahmefälle einen individuellen Text entwirft (BFH-Urteile vom 9. Februar 1982, VIII R 48/80, nicht veröffentlicht, BFH-Urteil vom 29. Juli 1981, I R 183/79, BStBl. II 1982, 22-24). Die Klägerin hielt ihre Reden indes nicht in der überwiegenden Zahl der Fälle nach Schablonen, sondern war im Wesentlichen eigenschöpferisch mit einem nicht unerheblichen Gestaltungsumfang tätig. Sie konnte einige schriftliche Ausarbeitungen vorlegen, anhand derer der Senat ein repräsentatives Bild über die Art und Weise ihrer Betätigung gewonnen hat. Die Klägerin hat den eigenschöpferischen Charakter ihrer Betätigung durch Vorlage einiger ihrer Ausarbeitungen sowie ergänzend durch ihren Vortrag in der mündlichen Verhandlung nachgewiesen. Insbesondere die von der Klägerin übersandten Reaktionen und Danksagungen der Angehörigen von Verstorbenen belegen die Individualität und eigenschöpferische Qualität der Redeleistung der Klägerin. In den Danksagungen wird hervorgehoben, dass die ehemalige Rede der Klägerin "liebevoll", "herzlich und einfühlsam" sowie "frei" von "leeren Phrasen" war. Auch Trauerfeiergäste, die den jeweiligen Verstorbenen gar nicht persönlich kannten, entwickelten nach dem Tenor der Danksagungen das Gefühl, als hätte die Klägerin "den jeweils Verstorbenen sehr gut gekannt".

Auch die von der Klägerin übersandten Beispielsreden belegen, dass sie die Trauerreden nicht nach Redeschablonen gehalten hat. Vielmehr zeichnen sich die übersandten Redeproben durch eine enorme Vielfalt und Anpassung an den Einzelfall aus. Selbst wäre, wie das Finanzamt, meint, insoweit eine "gewisse Chronologie" darin zu erkennen wäre, dass sie zuerst die Angehörigen angesprochen habe, dann das Umfeld der Verstorbenen und anschließend verschiedene Zitate, Gedichte etc. angeführt habe, wäre daraus nicht abzuleiten, dass die Klägerin nach Redeschablonen gearbeitet habe. Die Klägerin wäre selbst dann, wenn sie dieses Redemuster eingehalten hätte, noch eigenschöpferisch tätig gewesen. Die von ihr überreichten Redeproben überzeugen nämlich durch ihre Individualität und ihren Einzelfallzuschnitt. Überdies ist bei den von der Klägerin überreichten Reden keine scharfe Trennung zwischen dem Teil der Rede möglich, der sich an die Angehörigen richtet und den Teilen, in denen Freunde und das sonstige Umfeld angesprochen werden. Schließlich haben mehrere Beerdigungsunternehmen, die mit der Klägerin in geschäftlichen Kontakt standen, bestätigt, dass die Reden der Klägerin durch ihre Individualität geprägt sind und einen hohen Qualitätsstandard aufweisen. (Zitatende)

Quelle: FG Niedersachsen Urteil vom 24. März 2004 Az.: 2 K 2/03 Rechtsnormen: EStG § 18

Ganz ähnlich ist es beim Comedy-Unterhaltungsredner. Hierzu gibt es ein Urteil zum Conferéncier/Show- und Quizmaster mit vergleichbaren Anforderungen (BFH, BStBl. II 1977, S. 459).

Eine Pflichtversicherung in der Künstlersozialkasse ist für Redner schwierig. Die Frage ist nicht, ob Sie sich dort versichern müssen, sondern ob Sie es können. Dafür muss der Nachweis Ihrer künstlerischen Tätigkeit schon sehr deutlich ausfallen, das heißt Sie müssten Proben Ihres Könnens vorlegen.

Zu anderen Versicherungen verweise ich auf die ausführlichen Informationen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, insbesonders: „Gründen – kurz und knapp: Persönliche Absicherung“GründerZeiten Nr. 05: Versicherungen (PDF, 790  KB)

Quelle:
Dr. Willi Oberlander
M.A.
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)

Stand:
März 2013

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