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Produktgestaltung und Design: freiberuflich und gewerblich?

Frage

Ich bin freiberuflich mit meinem Planungsbüro im Bereich Innenarchitektur selbständig tätig. Ich habe die letzten drei Jahre in Elternzeit und Kindererziehung verbracht und möchte nun wieder beruflich Fuß fassen. Ab Februar 2016 werden meine Kinder in die Kita gehen. Dann möchte ich wieder halbtags arbeiten. Ich werde wohl in Zukunft eher in die Richtung Produktgestaltung und Design gehen. Ich habe eine Leuchte in einer Kleinserie von 40 Stück produziert und möchte diese nun verkaufen. Was bedeutet das nun für meine Selbständigkeit, wenn ich zusätzlich ein Gewerbe anmelde, und wie würde eine Anmeldung meine Selbständigkeit verändern? Läuft dann das Gewerbe neben der Selbständigkeit?

Antwort

Produktgestaltung und Design können durchaus freiberuflich im steuerlichen Sinn sein. Die Anforderungen hierfür sind allerdings wenig konkret. Da es hier um eine Unterscheidung zwischen Kunst und Gewerbe geht, sind die Finanzämter bzw. Finanzgerichte zuständig. Kriterien bei der Bestimmung der künstlerischen Tätigkeit können sein:

  • Anteil der eigenschöpferischen, gestalterischen Leistung
  • Vorhandensein einer "handlungsleitenden, künstlerischen Idee"
  • der künstlerische Wert des Kunstwerkes muss den Gebrauchswert übersteigen

Wichtig ist hier, dass bei der Unterscheidung zwischen Kunst und Gewerbe der Gebrauchszweck der Kunstwerke keine Rolle spielt!

Andere Maßstäbe können sein:

  • Ausbildung
  • Selbstverständnis der Künstlerin/des Künstlers
  • das Vorliegen von Unikaten oder Serien ("Kleinserien" sind erlaubt, wobei nicht genau festgelegt ist, wie groß eine Kleinserie sein kann)
  • Anzahl der Mitarbeiter.

Dazu kommen noch betriebliche Aspekte wie

  • Vertriebswege (Galerien, Kunstausstellungen, Kunstmessen)
  • Weisungsungebundenheit.

Ergänzend hierzu hat der BFH (Bundesfinanzhof) in einem Urteil vom 14.12.1976 Maßstäbe gesetzt. Auch hier wird das Eigenschöpferische betont und eine ausreichende künstlerische Gestaltungshöhe vorausgesetzt. Über die Frage "Kunst oder Nicht-Kunst" kann man endlos diskutieren. Der BFH meint dazu (5. Senat, V 96/59 S, 1960-07-11): "Ob ein Werk ein Kunstwerk darstelle, hänge nicht davon ab, ob es einen sogenannten 'ästhetischen Überschuß' enthalte, auch nicht von dem durchschnittlichen 'Urteil der für Kunst empfänglichen und mit Kunstdingen einigermaßen vertrauten Staatsbürger aus verschiedenen Volksschichten', sondern davon, ob 'das Werk die schöpferische Gestaltung und damit den Ausdruck einer individuellen geistigen Aktivität' darstelle. Wozu das Werk später von anderen Personen verwendet werde, sei unerheblich."

Eine Kleinserie von 40 Stück ist grenzwertig. Genauer kann ich Ihnen das nicht sagen, weil die Rechtsprechung hier nicht sehr hilfreich ist. Nach meiner Erfahrung könnte die von Ihnen genannte Größenordnung noch als "Ausfluss Ihrer künstlerischen Tätigkeit" gesehen werden und nicht als eigenständiges Gewerbe. Wird die Stückzahl allerdings größer, so steigt auch die Wahrscheinlichkeit eines Gewerbes.

Meine Empfehlung lautet also: Versuchen Sie es als Designerin (Künstlerin). Besonders zu beachten ist dabei, dass die Anzeige einer freiberuflichen (selbständigen) Tätigkeit und die Ausstellung einer entsprechenden Bestätigung durch das Finanzamt noch keine Garantie für diese Freiberuflichkeit darstellen. Lediglich eine so genannte "verbindliche Auskunft" gibt Sicherheit, ist aber sehr schwer zu bekommen. Es ist folglich damit zu rechnen, dass erst im Rahmen einer späteren Betriebsprüfung festgestellt werden kann, welche Art von Tätigkeit tatsächlich vorlag. Keine Gefahr besteht dann, wenn faktisch zwar eine Gewerbesteuerpflicht bestanden hätte, jedoch auf Grund der Höhe der Gewerbeerträge und anderer Kriterien keine Steuer angefallen wäre.

In Bezug auf einen Internet-Shop müssten Sie allerdings von Gewerblichkeit ausgehen, auch ohne die Einbeziehung Dritter. Im Ergebnis könnte also auch eine so genannte "getrennt gemischte Tätigkeit" vorliegen (freiberuflich und gewerblich). Wenn Sie beides durch eine getrennte Buchführung und auch separate Konten voneinander abgrenzen, wäre eine derartige Konstruktion denkbar. Für Ihre Selbstständigkeit hätten Sie dann zwei getrennte (elektronische) Formulare abzugeben. Kosten können Sie bis zu einem gewissen Umfang durch Schätzung auf beide Unternehmen verteilen.

Quelle:
Dr. Willi Oberlander M.A.
Geschäftsführer
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
Juli 2015

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