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Produktdesign plus Tischlerhandwerk: freiberufliche Tätigkeit?

Frage

Ich beendige mein Studium "Produkt Design" und habe zuvor einen Gesellenbrief als Schlosser und Maschinenbauer absolviert. Desweiteren arbeite ich auch seit langer Zeit mit Holz und weiß, dass ich so viel kann wie ein Tischlergeselle.

Nun habe ich eine kleine Werkstatt und möchte für meine zukünftigen Aufträge Rechnungen schreiben dürfen. Als Produktdesigner in Verbindung mit Handwerk werde ich voraussichtlich keine Serienfertigung anstreben, vielmehr aber Sonderanfertigungen zwischen Metall und Holz bauen. Da ich keine sechs Jahre eine leitende Position in der Schlosserei inne hatte, würde ich vermutlich nicht die Altgesellenregelung in Anspruch nehmen können? Wie kann ich mich als Abiturient, Geselle und nach abgeschlossenem Studium (mit jeweils Schwerpunkt zwischen Design und Handwerk) frei entfalten, ohne von der IHK, HWK etc. eingeschränkt zu werden?

Antwort

Ihre Angaben lassen auf eine Tätigkeit als Produktdesigner schließen, wobei die eigene Umsetzung Ihrer Vorstellungen dem grundsätzlich nicht entgegensteht. Denn: Sie verfügen über eine einschlägige Hochschulausbildung, haben offenbar bei der Erfüllung Ihrer Aufträge einen hinreichenden persönlichen Gestaltungsraum für eigenschöpferische Leistungen und Sie stellen keine Serien her. Mit diesen drei Anforderungen wären Sie auf gutem Weg in den Freien Beruf.

Zu den Anforderungen für eine freiberufliche Tätigkeit als Designer sollten Sie das Folgende berücksichtigen: Wenn der Schwerpunkt Ihrer Tätigkeit nicht im Handwerk, sondern in Kunst und Design liegt, kann ein Freier Beruf vorliegen. Hierbei handelt es sich um künstlerische Tätigkeiten, deren Arbeitsergebnisse einen praktischen Nützlichkeits- bzw. Gebrauchszweck aufweisen können. Diese Tätigkeit muss auf einer eigenschöpferischen Leistung beruhen, in denen eine "individuelle Anschauungsweise" zum Ausdruck kommt. Dabei muss eine "gewisse künstlerische Gestaltungshöhe" erreicht werden. Ein gewerblicher Verwendungszweck schließt die Annahme einer künstlerischen Tätigkeit dann nicht aus, wenn der Kunstwert den Gebrauchswert übersteigt. Eigenschöpfungen können auf allgemeinen Vorgaben von Auftraggebern beruhen, müssen laut Rechtsprechung aber in der künstlerischen Umsetzung durch die Künstlerin gestaltet sein.

Bis zu einer Entscheidung des Bundesfinanzhofes vom 17.7.1958 führte eine gewerbliche Zweckbestimmung dazu, dass eine gestalterische Leistung generell nicht als eine künstlerische Tätigkeit eingestuft wurde. Seither hat sich die Rechtsprechung jedoch grundlegend geändert, hier in Bezug auf Grafikdesigner: "Für die Gerichte ist seitdem allein entscheidend, ob der Grafikdesigner ohne Rücksicht auf die spätere Verwendung seiner Arbeit schöpferische Leistungen vollbringt, also Leistungen, in denen sich seine individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft widerspiegeln und die neben einer hinreichenden Beherrschung der Technik der betreffenden Kunstart eine gewisse künstlerische Gestaltungshöhe erreichen." Sofern eine einschlägige (Hochschul-)Ausbildung vorliegt, ist davon auszugehen, dass die "hinreichende Beherrschung der Technik" vorliegt.

Bei Serienproduktion allerdings ist von einer gewerblichen Tätigkeit auszugehen. Die Rechtsprechung hat die Größenordnung einer Serie nicht genau festgelegt, doch dürfte die Zahl 20 nicht überschritten werden. Für den Verkauf bzw. den Vertrieb gelten wiederum besondere Anforderungen, denn freiberuflich wäre diese Tätigkeit nur dann, wenn "der Eigenvertrieb sich auf eine dem Design (im betreffenden Urteilstext des Bundesfinanzhofes heißt es \'der schriftstellerischen Tätigkeit\') dienende Funktion beschränkt" - Aktenzeichen VIII R 111/71. Weiter wird es gewerblich, wenn eine "zu diesem Zweck geschaffene organisatorische Einrichtung" zu einer "neuen Erwerbsgrundlage" führt. Damit sind die Grenzen zwischen Freiem Beruf und Gewerbe bei der Vermarktung fließend. Für die Praxis würde dies bedeuten, dass eine Abstimmung dieser Frage mit dem zuständigen Finanzamt und die Einbeziehung eines Steuerberaters dringend zu empfehlen wäre.

Hier noch zwei Hinweise:

  1. Besonders wichtig ist der Schutz geistigen Eigentums auch und gerade im Design, etwa durch eine Geschmacksmusteranmeldung.
  2. Für Sie wäre der Zugang zur Künstlersozialversicherung möglich. Dabei wäre zu beachten, dass die Mitgliedschaft in der Künstlersozialversicherung nicht automatisch zu einer allgemeinen Einordnung als Freier Beruf führt.

Beachten Sie bitte noch das Folgende: Es kommt immer wieder vor, dass die Anmeldungen von (vermeintlichen) Freiberuflern bei den Finanzämtern ohne nähere Prüfung akzeptiert werden. Betroffene Personen gehen dann ebenso häufig wie fälschlich von einer Anerkennung als Freiberufler aus. Wenn Sie sich trotz Unsicherheit als freiberuflich (im Steuerdeutsch: selbstständig) bei Finanzamt anmelden, so ist dies unschädlich, so lange nicht eine Betriebsprüfung nachträglich ein Gewerbe feststellt. Beachten Sie bitte: Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die so genannte "verbindliche Auskunft" des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit sehr hohen Anforderungen und auch mit Kosten verbunden.

Quelle: Dr. Willi Oberlander M.A.
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
August 2015

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