Antwort
Um Ihre Frage zuverlässig beantworten zu können, muss die einschlägige Rechtsprechung beachtet werden. Für Sie käme als beruflicher Bezug die Visagistin in Frage. Hierzu hat das Finanzgericht Hamburg im Jahr 1992 die folgende Feststellung getroffen: Eine Visagistin kann eine künstlerische Tätigkeit ausüben (FG Hamburg Urteil vom 19.08.1992 - III 374/88). Eine Visagistin, die für Modejournale oder gewerbliche Auftraggeber Fotomodelle für Fotoaufnahmen schminkt und frisiert, dabei im Team bestehend aus Fotograf und Modestylisten zusammenwirkt, ohne bei ihrer Arbeit konkreten Weisungen bezüglich Schmink- und Frisierstylings zu unterliegen, kann eine künstlerische Tätigkeit i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausüben. Für die Einstufung der Tätigkeit als künstlerisch ist erforderlich, dass die Arbeit nicht bloß das Produkt handwerksmäßig erlernter bzw. erlernbarer Tätigkeiten darstellt, dass der Visagistin im Rahmen des von den Auftraggebern vorgegebenen Rahmens Raum für eine eigenschöpferische Tätigkeit verbleibt und die Werke den Stempel ihrer Persönlichkeit tragen.
Wenn Sie auf der Grundlage Ihrer Qualifikation als Friseurmeisterin tätig werden, so muss diese Dienstleistung Ausdruck Ihrer schöpferischen Arbeit sein, also ähnlich der Visagistin. Das Künstlerische muss dabei Ihre Arbeit eindeutig prägen. Eine Tätigkeit als Friseurmeisterin müsste getrennt als gewerblich abgerechnet werden.
Steuerlich sollten Sie Ihre Dienstleistung also wie folgt behandeln: Grundsätzlich müssen Sie von einer so genannten "gemischten Tätigkeit" ausgehen (freiberuflich/gewerblich). Dies ist in der Praxis einfach zu handhaben, wenn Sie Ihre Dienstleistungen getrennt in Rechnung stellen können. Dann haben Sie auch getrennte Erfassungen bei der Steuer. Für die Einkommensteuererklärung bedeutet das: Zu den insgesamt sieben Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes gehört auch der zu versteuernde Gewinn aus einer unternehmerischen Tätigkeit. Sie geben also Ihre Einkünfte in den jeweiligen Formularen an sowie die damit verbundenen Kosten. Die Erklärung beinhaltet auch Angaben des Steuerpflichtigen zur Eigenermittlung des Gewinns durch Betriebsvermögensvergleich (Regelfall) bzw. der erleichterten Ermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung (Freiberufler, Kleinunternehmer). Der entsprechende Jahresabschluss ist der Einkommensteuererklärung beizufügen. Das Ergebnis ist das zu versteuernde Einkommen. Sämtliche zu versteuernden Einkünfte werden addiert und die Steuer darauf festgelegt. Beachten Sie bitte grundsätzlich, dass Sie als Unternehmerin erweiterte Möglichkeiten haben, Kosten von der Steuer abzusetzen. Bei getrennten Tätigkeiten werden eine getrennte Buchhaltung empfohlen (das geht schon mit Kostenstellen) sowie bei häufigeren und größeren Einnahmen zwei getrennte Bankkonten. Sind Ihre Tätigkeiten nicht trennbar (wenn Sie z.B. Rechnungen oder andere Belege schreiben, auf denen zwischen diesen Tätigkeiten nicht unterschieden wird), so ist die Gesamtbetätigung einheitlich zu beurteilen (BFH 9.8.83, VIII R 92/83, BStBl II 84, 129). Entscheidend ist, ob das freiberufliche oder das gewerbliche Element vorherrscht. Hierbei gilt nicht der geschätzte Anteil der einzelnen Tätigkeitsarten am Umsatz oder Ertrag, sondern, welche Tätigkeit der Gesamttätigkeit das Gepräge gibt (BFH 30.3.94, I R 54/93, BStBl II 94, 864; BFH 24.4.97, IV R 60/95, BStBl II 97, 567). Es kann aber auch sein, dass das Finanzamt Ihnen vorschlägt, die Anteile der gewerblichen und freiberuflichen Einkünfte zu schätzen. Dies sollten Sie nur akzeptieren, wenn bei einer nicht trennbaren Tätigkeit Ihre Dienstleistung als Friseurmeisterin nicht eindeutig überwiegt.
Beachten Sie bitte noch das Folgende: Es kommt immer wieder vor, dass die Anmeldungen von (vermeintlichen) Freiberuflern bei den Finanzämtern ohne nähere Prüfung akzeptiert werden. Betroffene Personen gehen dann ebenso häufig wie fälschlich von einer Anerkennung als Freiberufler aus. Wenn Sie sich trotz Unsicherheit als freiberuflich (im Steuerdeutsch: selbstständig) bei Finanzamt anmelden, so ist dies unschädlich, so lange nicht eine Betriebsprüfung nachträglich ein Gewerbe feststellt. Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die so genannte "verbindliche Auskunft" des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit sehr hohen Anforderungen und auch mit Kosten verbunden. Es könnte im Zweifelsfall zwar eine Gewerbesteuerpflicht eintreten, eine Steuerzahlung auf Grund der hohen Grenzen aber nicht fällig werden. Ein Steuerberater könnte Ihnen diese Grenze individuell bestimmen.
Quelle:
Dr. Willi Oberlander M.A.
Geschäftsführer
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
November 2014