Antwort
Beginnen wir mit der Frage der Qualifikation: Der Berufsabschluss „Designer arts graphiques“ oder „Graphiste“ wird in Frankreich sowohl in Form von BTS (bac + 2) bis hin zum „Diplôme national supérieur“ (bac + 5) erworben. Nach dem Europäischen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (EQR), der Ausbildungen in verschiedenen Staaten vergleichbar machen soll, wäre ein französisches Kurzstudium nur bedingt geeignet, um in Deutschland den Zugang zu den freien Berufen zu eröffnen. Nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung sollte es schon ein Bachelor-Abschluss sein.
Wenn bei der Tätigkeit die Programmierung den Schwerpunkt bildet, so muss dafür eine ingenieurähnliche Qualifikation und Tätigkeit nachgewiesen werden und darüber hinaus ist zu belegen, dass die entwickelte Software nicht als Trivialsoftware einzuschätzen ist. In der Praxis ist das sehr schwierig. Aber: So sieht das die Rechtsprechung in Deutschland zur steuerlichen Freiberuflichkeit.
Wenn aber digitale Bildbearbeitung, Entwurf/Gestaltung/Design, Grafik-Design (Gebrauchsgrafik), Layout, Mediendesign, Webdesign bei der Tätigkeit im Mittelpunkt stehen, die Programmierung lediglich der Umsetzung von Ideen dient und darüber hinaus zumindest ein Abschluss als Bachelor vorliegt, so deutet dies auf einen freien Beruf hin.
Wie Sie richtig annehmen, kann ein zweiter Weg in den Freien Beruf die künstlerische Tätigkeit sein. Die einschlägige Rechtsprechung stellt hierzu für das Grafikdesign - und damit im Grundsatz auch für Ihren Mann - fest: „Für die Gerichte ist … allein entscheidend, ob der Grafikdesigner ohne Rücksicht auf die spätere Verwendung seiner Arbeit schöpferische Leistungen vollbringt, also Leistungen, in denen sich seine individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft widerspiegeln und die neben einer hinreichenden Beherrschung der Technik der betreffenden Kunstart eine gewisse künstlerische Gestaltungshöhe erreichen.“ Wenn sich ein Grafik-Designer „[...] an ins Einzelne gehende Angaben und Weisungen seines Auftraggebers zu halten hat und ihm infolgedessen kein oder kein genügender Spielraum für eine eigenschöpferische Leistung bleibt [...]“ , würde dies gegen die Ausübung einer künstlerischen Tätigkeit sprechen, da dann die künstlerische Gestaltungshöhe nicht gegeben wäre.
Zusammenfassend sind folgende Kriterien bei der Bestimmung der künstlerischen Tätigkeit gegeben:
- Anteil der eigenschöpferischen, gestalterischen Leistung
- Vorhandensein einer „handlungsleitenden, künstlerischen Idee“
- der künstlerische Wert des Kunstwerkes muss den Gebrauchswert übersteigen
Wichtig ist hier, dass bei der Unterscheidung zwischen Kunst und Gewerbe der Gebrauchszweck der Kunstwerke keine Rolle spielt!
Andere Maßstäbe können sein:
- Ausbildung
- Selbstverständnis der Künstlerin/des Künstlers
- das Vorliegen von Unikaten oder Serien („Kleinserien“ sind erlaubt, wobei nicht genau festgelegt ist, wie groß eine Kleinserie sein kann)
- Anzahl der Mitarbeiter.
Dazu kommen noch betriebliche Aspekte wie
- Vertriebswege (Galerien, Kunstausstellungen, Kunstmessen)
- Weisungsungebundenheit.
Sollten Sie der Meinung sein, dass die Tätigkeit Ihres Mannes diesen durchaus hohen Anforderungen entspricht, so könnten Sie dem zuständigen Finanzamt eine selbstständige (= freiberufliche im Steuerdeutsch) Tätigkeit anzeigen. Besonders zu beachten ist dabei, dass die Anzeige einer freiberuflichen (selbständigen) Tätigkeit und die Ausstellung einer Bestätigung dieser Anmeldung durch das Finanzamt noch keine Garantie für die Freiberuflichkeit darstellen. Lediglich eine so genannte „verbindliche Auskunft“ gibt Sicherheit, ist aber schwer zu bekommen. Es ist folglich damit zu rechnen, dass erst im Rahmen einer späteren Betriebsprüfung festgestellt werden kann, welche Art von Tätigkeit tatsächlich vorlag. Keine Gefahr besteht dann, wenn faktisch zwar eine Gewerbesteuerpflicht bestanden hätte, jedoch auf Grund der Höhe der Gewerbeerträge und anderer Kriterien keine Steuer angefallen wäre.
Sollten Sie sich entschließen, ein Gewerbe anzumelden, so gilt für Sie ein Freibetrag von 24.500 Euro pro Jahr. Nähere Informationen zur Gewerbesteuer finden Sie beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie unter http://www.existenzgruender.de/DE/Weg-in-die-Selbstaendigkeit/Gruendungswissen/Steuern/Gewerbesteuer/inhalt.html
Informationen zu Teilzeit- und Kleinstgründungen erhalten Sie ebenfalls beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie unter http://www.existenzgruender.de/DE/Weg-in-die-Selbstaendigkeit/Entscheidung/Gruendungsarten/Teilzeit-Kleinstgruendungen/inhalt.html
Beachten Sie bitte unbedingt auch die Selbstständigkeit mit einem Auftraggeber im deutschen Rentenversicherungsrecht: Demnach kann ein unabhängig Tätiger als Selbstständiger mit einem Auftraggeber eingestuft werden. Er gilt zwar noch als selbstständig, aber mit Einschränkungen. Wichtigste Folge: Seine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung müssen vollständig von ihm gezahlt werden. Es besteht die Möglichkeit, sich auf Antrag von der Rentenversicherungspflicht innerhalb der ersten drei Jahre zu befreien. Selbstständig mit einem Auftraggeber ist, auf wen die folgenden zwei Kriterien zutreffen:
Erstens werden normalerweise keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt, die mehr als 450 Euro monatlich verdienen und zweitens sind Betroffene regelmäßig und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig.
Wenn Sie die Frage nach einer deutschen Übersetzung des Vertrages mit dem Auftraggeber stellen, so kann dies in Bezug auf die Rentenversicherung wichtiger sein als hinsichtlich der Steuer. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie informiert hierzu näher unter http://www.existenzgruender.de/DE/Weg-in-die-Selbstaendigkeit/Gruendungswissen/Personal/Scheinselbstaendigkeit/inhalt.html
Dort finden Sie auch die Kriterien der Rentenversicherung für eine Pflichtversicherung.
Verträge für freie Mitarbeiter beinhalten häufig folgende Regelungen:
Der Auftragnehmer wird für den Auftraggeber als freier Mitarbeiter tätig. Ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis wird nicht begründet.
Für die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Belange sowie für die Gewerbeanmeldung bzw. die Anzeige eines freien Berufes beim Finanzamt trägt der Auftragnehmer selbst Sorge.
Dem Auftragnehmer steht es frei, auch für andere Auftraggeber tätig zu sein. Er kann sich dabei der Unterstützung Dritter bedienen, ist jedoch für die Erbringung der Dienstleistung insgesamt verantwortlich.
Der Auftragnehmer ist frei in seiner Entscheidung, die Aufträge des Auftraggebers anzunehmen oder abzulehnen. Es besteht seitens des Auftraggebers keine Verpflichtung, Aufträge zu erteilen.
Der Auftragnehmer unterliegt gegenüber dem Auftraggeber keinem Weisungs- und Direktionsrecht; er hat jedoch fachliche Vorgaben insoweit zu beachten, als dies die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung erfordert.
Der Auftragnehmer ist in der Wahl von Ort und Zeit seiner Tätigkeit für die Gesellschaft frei. Er ist nicht in die betriebliche Organisation des Auftraggebers eingebunden.
Anmerkung hierzu: Diese Ausführungen ersetzen nicht die Rechtsberatung!
Zur Besteuerung grenzüberschreitender Dienstleistungen verweise ich auf https://www.ihk-berlin.de/blob/bihk24/Service-und-Beratung/recht_und_steuern/Steuern_und_Finanzen/Download/2264668/0324f49c7ce92fbe2c624e669e517eaf/Grenzueberschreitende_Dienstleistungen_2010-data.pdf
Informationen zur Erbringung von Dienstleistungen in Frankreich bietet Germany Trade and Invest - Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH unter http://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Weltkarte/Europa/frankreich.html
Ihre Anfrage hätte ich gerne einfacher beantwortet, aber die Rechtslage steht dem entgegen.
Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
Mai 2017
Tipps der Redaktion: