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Digitale Drucke und Downloads verkaufen: gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit?

Frage

Ich verkaufe ausschließlich digitale Drucke und Downloads über einen großen Online-Marktplatz, allerdings sehr verschiedener Art: - manchmal sind es bearbeitete Fotos von Dritten (anderer Bildausschnitt, Farben verfremdet, Hintergrund entfernt usw.), - manchmal „Sprüche“, Typografie (erstellt mit gekauften Fonts), - z.T. auch komplett selbst erstellte Motive, z.B. selbst gezeichnet/gemalt, - Logo-Design (auch hierzu werden gekaufte Fonts und Clipart verwendet, teilweise auch eigene Illustrationen). Gilt dies als freiberufliche Tätigkeit gilt oder muss ein Gewerbe angemeldet werden? Bisher gab es noch keinen Gewinn, aber langsam zeichnet sich das ab. Da ich hauptsächlich freiberuflich tätig bin, aber in einer anderen Branche, wollte ich die Gewinne aus den digitalen Verkäufen dann ebenfalls mit der nächsten Steuererklärung angeben. Oder müsste hier, wenn kein Gewerbe vorliegt, eine zweite Freiberuflichkeit angemeldet werden?

Antwort

Auf der Grundlage Ihrer Angaben werden Sie es schwer haben, in Ihrem zweiten Berufsbild als freiberuflich angesehen zu werden. Die Anforderungen an eine künstlerische Tätigkeit sind in der Rechtsprechung sehr allgemein gefasst - hier vorwiegend in Bezug auf Grafikdesigner: „Für die Gerichte ist … allein entscheidend, ob der Grafikdesigner ohne Rücksicht auf die spätere Verwendung seiner Arbeit schöpferische Leistungen vollbringt, also Leistungen, in denen sich seine individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft widerspiegeln und die neben einer hinreichenden Beherrschung der Technik der betreffenden Kunstart eine gewisse künstlerische Gestaltungshöhe erreichen.“ In diesem Zusammenhang sind einschlägige (Hochschul-)Ausbildungen für die Einordnung als Freiberufler hilfreich.

Die wichtigsten Merkmale einer künstlerischen Tätigkeit sind folglich

  • individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft: Hier sind vor allem persönlicher Stil und Note gemeint;
  • eigenschöpferische Gestaltungsmöglichkeit: Sie können zwar nach allgemeinen Vorgaben (von Auftraggebern) arbeiten, müssen dabei aber noch einen breiten Raum für eigene Kreativität haben;
  • künstlerische Gestaltungshöhe: Was damit gemeint ist, können Sie der unten zitierten Rechtsprechung entnehmen.

Der Zweck von Kunstwerken kann durchaus kommerziell ausgerichtet sein: „Eine künstlerische Tätigkeit kann vielmehr auch dann vorliegen, wenn jemand zwar seine Leistungen in den Dienst der Werbung stellt, diese aber aufgrund künstlerischer Fähigkeiten und in künstlerischer Weise vollbringt. Entscheidend ist, ob die Arbeiten ohne Rücksicht auf ihre Verwendung künstlerischen Charakter aufweisen. Dazu ist erforderlich, dass sie nicht das Produkt handwerksmäßig erlernter bzw. erlernbarer Tätigkeiten darstellen, sondern darüber hinaus etwas Eigenschöpferisches enthalten und eine künstlerische Gestaltungshöhe aufweisen.“ (Bundesfinanzhof, BFH-Urteil vom 14.12.1976 VIII R 76/75, BStBl II 1977, 474) (Zitatende)

Nähere Informationen zur Gestaltungshöhe können Sie einem Urteil des Finanzgerichts (FG) München vom 10.7.2014 (15 K 2275/11) entnehmen: Demnach liegt eine künstlerische Tätigkeit im Sinne des Einkommensteuergesetzes NICHT vor, (Zitat) „wenn der zwar eine besondere Kreativität und hohe technische Fähigkeiten erkennen lassenden Gebrauchskunst der für eine gewisse Gestaltungshöhe erforderliche Abstraktionsgrad fehlt (Vorgabe der Materialien, Formen und des Zwecks durch Auftraggeber). Gibt die handwerkliche Leistung den Drucksachen das Gepräge, liegt eine gewerbliche Tätigkeit vor.“ (Zitatende)

In einem Urteil des Finanzgerichts (FG) Rheinland-Pfalz wurde auf ein Gutachten zurückgegriffen. (Zitat) „Die Arbeiten - so der Gutachter - würden nicht die für eine künstlerische Leistung erforderliche sog. „Gestaltungshöhe“ aufweisen. Dazu müssten sich die Gestaltungsmittel (Farbe- und Formkontraste, Farbwirkung, Raum, Perspektive, verschiedene Gestaltungsebenen, Reduzieren, Überhöhen, Verfremdungen, Bildzitate u.ä.) auf etwas Nichtsichtbares wie Stimmung, Gefühl oder Empfindung verdichten. Bei den Arbeiten überwiege dagegen bei allen Bemühungen, den geringen Freiraum künstlerisch auszufüllen, die einwandfrei gemachte handwerkliche Arbeit (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. Oktober 2013 (Az.: 6 K 1301/10).“ (Zitatende)

Sie sehen, dass etwa Ihre Verwendung von gekauften Fonts und Cliparts deutlich für ein Gewerbe spricht. Dies gilt auch für die Bearbeitung von Fotos aus Fremdquellen.

Nach vorliegenden Erfahrungen werden etwa Grafikdesigner von der Finanzverwaltung in den meisten Fällen als freiberuflich eingestuft. Es kommt aber häufig vor, dass Steuerpflichte dem Finanzamt einen freien Beruf anzeigen und dabei von einer Anerkennung als Freiberufler ausgehen. Oft werden Anmeldungen von (vermeintlichen) Freiberuflern bei den Finanzämtern ohne nähere Prüfung akzeptiert. Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt jedoch nur die so genannte „verbindliche Auskunft“ des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit hohen Anforderungen und mit Kosten verbunden. Hilfreich für den freien Beruf ist es, wenn der Künstler eine einschlägige Ausbildung vorweisen kann, insbesondere ein Hochschulstudium. Dies ist aber keine zwingende Voraussetzung. Ich kann Ihnen nur empfehlen, in Bezug auf eine künstlerische Tätigkeit mit Ihrem Finanzamt zu sprechen, das auch eine beratende Funktion hat.

Der eigene Online-Vertrieb von Kunstwerken ist schlichtweg gewerblich. Mit dem Eigenvertrieb von Kunst im Internet schaffen Sie laut Rechtsprechung eine „neue Erwerbsgrundlage“, im Gegensatz zur Bereitstellung von Kunst für einzelne Auftraggeber oder zum Vertrieb ausschließlich durch Dritte. Da Sie einen von Dritten angebotenen Marktplatz nutzen, haben Sie keine eigene Organisation für den Verkauf Ihrer Werke. Hierzu sagt die Rechtsprechung das Folgende: Zunächst kann die Anzahl der Verkäufe für eine gewerbliche Tätigkeit sprechen. Die Rechtsprechung hat hierzu folgende Marken gesetzt: 27 Verkäufe monatlich, 168 bis 484 Verkäufe im Jahr, aber auch 242 Verkäufe in zwei Jahren können Indizien für eine gewerbliche Tätigkeit. Dabei spricht eine planmäßige und auf Dauer eingerichtete Tätigkeit für das Gewerbe. Im Gegensatz hierzu können einmalige größere Verkaufsaktionen privater Natur sein (etwa die Auflösung einer Sammlung). Ein weiteres Kriterium ist die durchschnittliche Höhe des Entgeltes. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat einen durchschnittlichen Erlös von 80 € bei 663 Verkäufen über drei Jahre gewerblichen Handel angenommen (BFH V R 2/11). Weitere Indizien hin zum Gewerbe können sein: professionelle Werbung, die Verwendung von Widerrufsklauseln oder Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs).
Quellen: BFH, Urteil vom 26.04.2012, V R 2/11,
OLG Frankfurt/M., Beschluss vom 21.3.2007, 6 W 27/07
LG Berlin, Urteil vom 5.9.2006 - 103 O 75/06

Kommen Sie zu dem Ergebnis, dass insgesamt ein Gewerbe vorliegt, so können Sie dies einheitlich anmelden.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie informiert zur Existenzgründung in Kunst und Medien im BMWi-Existenzgründungsportal.

Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
Juni 2018

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