Antwort
In Hinblick auf die freiberufliche Einstufung gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist zu prüfen, inwieweit es sich bei einer Chat-Moderation um eine künstlerische oder schriftstellerische Tätigkeit handeln könnte.
Als relevante Kriterien für die sog. „künstlerische Tätigkeit“ (vgl. § 18 EStG) gelten hierbei die eigenschöpferische Leistung, die sich in der individuellen Anschauungsweise widerspiegeln sollte, sowie eine gewisse künstlerische Gestaltungshöhe in den Werken (vgl. zuletzt Beschluss vom 14. August 1980 IV R 9/77, BFHE 131, 365, BStBl II 1981, 21). Hierfür wäre es nicht ausreichend, die Moderation nach fertigen „Schablonen“ abzuhalten. Denn „künstlerisch ist nur eine selbstständige, eigenschöpferische Arbeit, die dem Werk eine über die Darstellung der Wirklichkeit hinausgehende Aussagekraft verleiht. Ist das Werk nicht um seiner selbst willen geschaffen, sondern wird lediglich die Wirklichkeit ohne eigene künstlerische Aussage kopiert, so fehlt es an der der Kunst eigentümlichen Gestaltungshöhe“ (vgl. Urteil des BFH vom 10. 09. 1998 IV R 70/97). Erschöpft sich die Moderation in der reinen Wiedergabe eines Textes und somit keiner eigenschöpferischen Arbeit, so liegt keine freiberuflich künstlerische, sondern eine gewerbliche Tätigkeit vor.
Die sog. „schriftstellerische Tätigkeit" (vgl. §18 Abs. 1 Nr. 1) ist als Tätigkeitsberuf den freien Berufen zuzuordnen, jedoch müssen im Zuge Ihrer Tätigkeit bestimmte Kriterien erfüllt sein. Zwar bedarf es keiner besonderen Qualifikation um die schriftstellerische Tätigkeit auszuüben, jedoch ist die Niederschrift eigener Gedanken für die Öffentlichkeit ausschlaggebend (vgl. BFH IV R 142/72 v. 20.10.75, BStBl II 76, 192 m.w.N.). Sollten Sie im Rahmen der Chat-Moderation vorformulierte Bausteine nutzen und/oder weisungsgebunden agieren, wären dies Indizien für eine gewerbliche Einstufung der Tätigkeit. Neben der Frage, ob die Tätigkeit tatsächlich die Niederschrift eigener Gedanken beinhaltet, sollte noch geprüft werden, inwieweit diese an die Öffentlichkeit gerichtet sind. Dies kann in Frage gestellt werden, wenn sie nur einer begrenzten Anzahl von Menschen zugänglich gemacht werden. Ein Chat beschränkt sich meist auf einen eher vertraulichen und nicht öffentlichen Adressatenkreis, so dass keine schriftstellerische Tätigkeit i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG vorliegen würde.
Sollten Sie die beschriebenen Voraussetzungen für eine Freiberuflichkeit nicht erfüllen, so ist ein Gewerbe anzumelden. Ihr Ansprechpartner für die Anmeldung wäre das zuständige Gewerbeamt in Ihrer Stadt. Für alle weiteren Fragen rund um das Thema Selbstständigkeit wäre die IHK Ihr Ansprechpartner.
Beachten Sie bitte, dass die endgültige Entscheidung, ob Ihre Tätigkeit eine Freiberuflichkeit begründet oder nicht, allein dem zuständigen Finanz- bzw. Gewerbeamt obliegt und stets von den Umständen des Einzelfalls abhängig ist.
Weitere Informationen zur Abgrenzung bietet die IFB-Gründungsinformation Nr. 1 „Freier Beruf oder Gewerbe“.
Quelle: Hamid Rezai
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
Gründungsberatung
www.ifb.uni-erlangen.de
August 2019
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