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Abnehmgruppen und -produkte anbieten: freiberufliche Tätigkeit?

Frage

Ich habe ein abgeschlossenes Studium in Pädagogischer Psychologie und mache gerade eine Zusatzausbildung im Ernährungsberatungs- und Gewichtsmanagementbereich. Jetzt überlege ich, mich nebenberuflich selbständig zu machen und für einen großen Anbieter „Abnehmgruppen“ in wöchentlichen Workshops (sowie ggf. auch Einzelpersonen) zu begleiten. Es geht dabei um Ernährungsberatung und Psychologische Beratung. Zusätzlich würde ich den Klienten auf Provisionsbasis auch Abnehmprodukte verkaufen wollen. Hauptberuflich bin ich mit 24 Stunden in einem Unternehmen fest angestellt.

Meine Fragen wären nun, ob es sich bei der Nebentätigkeit um eine freiberufliche Tätigkeit handelt (was mir sehr entgegen käme) und falls ja, ob man gleichzeitig das Thema der Lehrtätigkeit und somit der RV-Pflicht irgendwie umgehen kann (ich zahle ja schon bei meinem Hauptjob ein und betreibe seit mehreren Jahren eine Riesterrente).

Antwort

Auf der Grundlage Ihres Hochschulabschlusses als Master of Science Pädagogische Psychologie können Sie sowohl unterrichtend als auch psychologisch beratend freiberuflich tätig werden im Sinne des Einkommensteuergesetzes.

Der Verkauf von Abnehmprodukten ist gewerblich. Damit würden Sie eine so genannte „gemischte Tätigkeit“ ausüben (siehe unten).

Unterricht ist die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen in organisierter und institutionalisierter Form. Sie können hierzu auch ein eigenes Lernprogramm entwickeln - in welcher Form auch immer (Vortrag, Seminar, Workshop usw.) - und damit die Anforderungen an die unterrichtende Tätigkeit erfüllen.

Von diesen unterrichtenden Tätigkeiten nach dem Einkommensteuerrecht ist Individualunterricht nicht ausgeschlossen. Werden jedoch die Kenntnisse nicht auf der Grundlage eines allgemein gültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lernprogramms vermittelt, sondern erfordert die Tätigkeit die Erarbeitung und Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten Programms, handelt es sich nicht mehr um eine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form, sondern um eine beratende Tätigkeit.

Sehen Sie hierzu die PRAXISHILFE: Lehrende, Trainer und Coaches – freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit? (PDF, 101  KB).

Als pädagogischer Psychologe können Sie ungeachtet der Vorbehalte beim Individualunterricht davon ausgehen, dass auch die Beratung einzelner Personen als freiberuflich anzusehen ist. Zu begründen ist dies mit der Ähnlichkeit zum Beruf des Psychologen. Da Sie keinen Heilberuf ausüben und auch aus gewerberechtlicher Sicht hier eine Dienstleistung höherer Art vorliegt, ist Ihre Tätigkeit als freier Beruf einzustufen. Dazu wäre in der Anmeldung beim Finanzamt („Fragebogen zur steuerlichen Erfassung“ - auch online) eine Angabe zu machen wie „unterrichtende Tätigkeit und pädagogisch-psychologische Beratung“. Zum Formular mit Ausfüllhilfe.

Kommen wir zur gemischten Tätigkeit. Da Sie sowohl freiberuflich als auch gewerblich tätig wären, würde Ihnen das Finanzamt zwei Steuernummern zuweisen. Hierbei sollten Sie darauf achten, dass für die freiberuflichen und gewerblichen Tätigkeiten jeweils getrennte Rechnungen gestellt oder sie in gemeinsamen Rechnungen oder Quittungen separat aufgeführt werden. In der Einkommensteuererklärung müssen die Einkünfte zwingend getrennt angegeben werden - in Anlage G (Gewerbe) und Anlage S (Freier Beruf). Nähere Informationen zu gemischten Tätigkeiten in freien Berufen bietet das BMWi-Existenzgründungsportal.

Zur Rentenversicherung: Lehrende Berufe unterliegen grundsätzlich der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Dies gilt auch, wenn die Tätigkeit nur nebenberuflich ausgeübt wird und bereits im Hauptberuf durch eine Arbeitnehmertätigkeit Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einbezahlt werden. Der Lehrbegriff der Rentenversicherung wird sehr weit ausgelegt. Jede ausgeübte Tätigkeit ist gesondert zu prüfen. Sie können jedoch davon ausgehen, dass zusätzliche Beiträge in Ihrem Fall nur zu zahlen sind, wenn Sie freiwillig Ihren Rentenanspruch erhöhen wollen. Sie sollten also Kontakt aufnehmen mit der Deutschen Rentenversicherung Bund.

Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
Oktober 2019

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