Navigation

Unternehmensberatung: freiberufliche Tätigkeit?

Frage

Ich habe ein Diplom in Politik- und Verwaltungswissenschaften. Nach dem Studium war ich zwei Jahre im Vertrieb eines Industrieunternehmens sowie zehn Jahre bei einem Industrieverband tätig, dort u.a. zuständig für Exportfinanzierung und Auslandsinvestitionen. In den letzten Jahren bin ich Geschäftsführer eines Unternehmens das international Dienstleistungen im Bereich Messen und Ausstellungen anbietet. Ich beabsichtige, mich als Unternehmensberater selbständig zu machen mit den Schwerpunktthemen internationales Marketing und Vertrieb, internationale Geschäftsanbahnung, internationale Vertragsgestaltung sowie Aufbau und Weiterentwicklung von Geschäftsbeziehungen mit internationalen Partnern. Ich würde diese Tätigkeit gern als Freiberufler ausüben. Sind die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Freiberufler durch die Finanzbehörden gegeben?

Antwort

Die Rechtsprechung knüpft bei der Beurteilung der Freiberuflichkeit von Unternehmensberatern in erster Linie an eine qualifizierte, fachlich auf die konkrete Berufstätigkeit bezogene Vorbildung an. Darüber hinaus muss die praktische Tätigkeit des Beraters hinreichend breit angelegt sein.

Der für die Beurteilung des Unternehmensberaters relevante Katalogberuf ist der des beratenden Betriebswirtes. Erforderlich sind insbesondere das Vorhandensein und der tatsächliche Einsatz von Kenntnissen aus den Hauptbereichen der Betriebswirtschaftslehre. Ein Beruf ist einem Katalogberuf ähnlich, wenn er in wesentlichen Punkten, insbesondere im Hinblick auf die Ausbildung und berufliche Tätigkeit mit ihm verglichen werden kann.

"Mit der Tätigkeit eines beratenden Betriebswirts ist kein festes Berufsbild verknüpft. Die Rechtsprechung hat als beratenden Betriebswirt denjenigen angesehen, der eine bestimmte Berufsausbildung auf dem Gebiet der Betriebswirtschaft erworben hat. Außer der Ausbildung an einer Universität oder technischen Hochschule, mit Diplomabschluss kann diese Ausbildung auch an einer Fachhochschule oder an einer Fachakademie mit dem Abschluss staatlich geprüfter Betriebswirt erreicht werden.

Beratender Betriebswirt wird deshalb nur derjenige, der entweder über eine abgeschlossene Ausbildung als Betriebswirt verfügt oder sich in Form eines vergleichbaren Selbststudiums, verbunden mit praktischer Erfahrung, Kenntnisse in allen hauptsächliche Bereichen der Betriebswirtschaftslehre angeeignet hat, die denen vergleichbar sind, die in einem der genannten Ausbildungsgänge üblicherweise erworben werden können. Er muss die fachliche Breite seines Wissens bei seiner praktischen Tätigkeit einsetzen können und auch einsetzen.
...
Die notwendige Breite der Betätigung ist allerdings schon dann vorhanden, wenn sich die Beratung wenigstens auf einen betrieblichen Hauptbereich der Betriebswirtschaft bezieht (BFH-Urteil vom 18. August 1988 V R 73/83). Nicht ausreichend ist die Tätigkeit, wenn sie sich nur auf einen engen Teilbereich der Betriebswirtschaft bezieht."
Quelle: Urteil vom 14.08.1990, Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Az.: 2 K 57/88

"Die Betriebswirtschaftslehre umfasse in der Regel folgende Hauptgebiete wie Investition und Finanzierung, Bankwesen, betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Wirtschaft, Marktforschung, Werbung und Verkauf, Buchführung, Handels- und Steuerbilanzen, Kostenrechnung einschließlich Plankostenrechnung und Betriebsstatistik, Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Arbeits- und Wirtschaftsstrafrecht, Mathematik einschließlich Wirtschaftsmathematik, Operations- Research, Lagerhaltung, Materialwirtschaft, Transport und Produktion, Netzplantechnik, Kapazitäts-, Zeit- und Kostenplanung, Datenverarbeitung, Wirtschaftsinformatik, Programmiersprache, Personal- und Ausbildungswesen, Berufs- und Arbeitspädagogik und Volkswirtschaftslehre"
Quelle: Wotschofsky/Hüsing: Zur Gewerblichkeit freiberuflich Tätiger am
Beispiel des Unternehmensberaters, in Stbg 1999 Nr. 7, Seite 332

Folgendes sollten Berater ohne Studienabschluss deshalb zur Vermeidung der Einstufung als gewerblich beachten:
- Theoretische Kenntnisse auf allen Gebieten der Betriebswirtschaft müssen anhand praktischer Arbeiten nachgewiesen werden. Bei der Darstellung der Tätigkeit gegenüber den Finanzbehörden sollte man deshalb auf die hinreichende Breite und Tiefe der Kenntnisse und deren Anwendung im Rahmen einer anspruchsvollen Tätigkeit achten. Sofern möglich, ist dieser Aspekt bereits bei der Übernahme von Beratungsverträgen (Auswahlentscheidung) in Betracht zu ziehen.
- Spätestens bei der Darstellung gegenüber den Finanzbehörden sollte man jeglichem Eindruck entgegenwirken, eine schädliche Spezialisierung oder die Tätigkeit im Rahmen eines eigenständigen Berufsbildes sei anzunehmen.
- Werden neben freiberuflichen Tätigkeiten auch unzweifelhaft gewerbliche Tätigkeiten ausgeübt, muss durch organisatorische und vertragliche Maßnahmen die Trennbarkeit sichergestellt werden.
- Entsprechendes gilt, wenn die freiberufliche Tätigkeit im Rahmen einer Mitunternehmerschaft ausgeübt wird. Dann bieten sich insbesondere vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten an.

Quelle:
Dipl.-Sozialwirt (Univ.) Antonio Jansen Trejo
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
August 2013

Hotline 030-340 60 65 60 Für allgemeine Fragen
Montag bis Donnerstag: 8:00 - 18:00 Uhr
Freitag: 8:00 - 12:00 Uhr
nach oben