Antwort
Für Beratung und Schulung stehen Ihnen grundsätzlich zwei Wege in die steuerliche Freiberuflichkeit offen: die unterrichtende Tätigkeit und die Berufsausübung als beratender Betriebswirt. Außerdem soll hier noch auf die Freiberuflichkeit der Marktforschung eingegangen werden, die Sie möglicherweise für Ihren bisherigen Arbeitgeber anbieten.
Unterrichtende Tätigkeiten und damit die Anforderungen an die von Ihnen durchgeführten Schulungen sind hier wie folgt definiert:
Werden in fachlich strukturierter, in institutionalisierter und organisierter Form Wissen, Fähigkeiten oder Fertigkeiten an Schüler vermittelt, so liegt eine unterrichtende Tätigkeit vor. Der Unterricht muss mittels eines schulmäßigen Programmes erfolgen. Kenntnisse müssen auf der Grundlage eines für das bestimmte Fachgebiet allgemeingültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lehrprogramms vermittelt werden. Unterricht umfasst hier nicht nur die Vermittlung von Wissen, sondern auch von praktischen Fertigkeiten. Erfordert hingegen die Tätigkeit die Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programms, so stellt dies keine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form mehr dar. Es handelt sich hierbei um eine beratende Tätigkeit.
Der beratende Betriebswirt: Die Rechtsprechung knüpft bei der Beurteilung der Freiberuflichkeit von Unternehmensberatern in erster Linie an eine qualifizierte, fachlich auf die konkrete Berufstätigkeit bezogene Vorbildung an. Darüber hinaus muss die praktische Tätigkeit des Beraters hinreichend breit angelegt sein. Der für die Beurteilung des Unternehmensberaters relevante Katalogberuf ist der des beratenden Betriebswirtes. Erforderlich ist insbesondere das Vorhandensein und der tatsächliche Einsatz von Kenntnissen aus den Hauptbereichen der Betriebswirtschaftslehre. Schwerpunkte der BWL sind nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes: Unternehmensführung, Leistungserstellung (Fertigung von Gütern/Bereitstellung von Dienstleistungen), Materialwirtschaft, Finanzierung, Vertrieb, Verwaltungs- und Rechnungswesen sowie Personalwesen.
Zitat: „Mit der Tätigkeit eines beratenden Betriebswirts ist kein festes Berufsbild verknüpft. Die Rechtsprechung hat als beratenden Betriebswirt denjenigen angesehen, der eine bestimmte Berufsausbildung auf dem Gebiet der Betriebswirtschaft erworben hat. Außer der Ausbildung an einer Universität oder technischen Hochschule mit Diplomabschluss kann diese Ausbildung auch an einer Fachhochschule oder an einer Fachakademie mit dem Abschluss staatlich geprüfter Betriebswirt erreicht werden. Beratender Betriebswirt wird deshalb nur derjenige, der entweder über eine abgeschlossene Ausbildung als Betriebswirt verfügt oder sich in Form eines vergleichbaren Selbststudiums, verbunden mit praktischer Erfahrung, Kenntnisse in allen hauptsächliche Bereichen der Betriebswirtschaftslehre angeeignet hat, die denen vergleichbar sind, die in einem der genannten Ausbildungsgänge üblicherweise erworben werden können. Er muss die fachliche Breite seines Wissens bei seiner praktischen Tätigkeit einsetzen können und auch einsetzen.
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Die notwendige Breite der Betätigung ist allerdings schon dann vorhanden, wenn sich die Beratung wenigstens auf einen betrieblichen Hauptbereich der Betriebswirtschaft bezieht (BFH-Urteil vom 18. August 1988 V R 73/83). Nicht ausreichend ist die Tätigkeit, wenn sie sich nur auf einen engen Teilbereich der Betriebswirtschaft bezieht.“ (Zitatende)
Quelle: Urteil vom 14.08.1990, Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Az.: 2 K 57/88
Auf Grund Ihrer Stellung im Beruf und Ihrer Berufserfahrung wäre es durchaus denkbar, Sie trotz eines „fachfremden“ Hochschulabschlusses als freiberuflich einzustufen. Dies kann jedoch nur über eine Einzelfallprüfung erreicht werden, zu der es einer Detailprüfung Ihrer Ausbildung, Berufserfahrung, Fort- und Weiterbildung und anderen Kriterien bedarf.
Marktforschung: Sollten Sie als Selbstständiger Aufträge zur Marktforschung bearbeiten, so gilt auch hier die Rechtsprechung zur steuerlichen Freiberuflichkeit: (Zitat) „Nach dem BFH-Urteil vom 27. 2. 1992 - IV R 27/90 ist ein selbständig tätiger Marktforscher weder beratender Betriebswirt noch übt er eine dem Beruf des beratenden Betriebswirts ähnliche freiberufliche Tätigkeit i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG aus (Anschl. an BFH-Urteil vom 18. 8. 1988,BStBl 1989 II 212). Der Senat nimmt Stellung zu den Voraussetzungen, unter denen ein Marktforscher wissenschaftlich tätig ist. Ob die Tätigkeit eines Marktforschers als wissenschaftlich zu qualifizieren ist, richtet sich nach Auffassung des Senats insbesondere danach, ob die mit den einzelnen Aufträgen gestellten Aufgaben einen Schwierigkeitsgrad erreichen, wie ihn wissenschaftliche Prüfungsarbeiten oder Veröffentlichungen aufweisen. Zu einer wissenschaftlichen Tätigkeit gehöre ferner, daß sie von der Methodik her nachprüfbar und nachvollziehbar ist (Hinweis auf BFH-Urt. v. 30. 3. 1976,BStBl II 464).“ (Zitatende)
Auch hier bedürfte es also der Einzelfallprüfung.
Möglicherweise liegt also bei Ihnen eine „trennbar gemischte Tätigkeit“ vor. Hierbei übt ein Einzelfreiberufler sowohl eine freiberufliche als auch eine gewerbliche Tätigkeit aus, wobei diese steuerlich getrennt zu behandeln sind. Dies ist aber nur der Fall, wenn zwischen den beiden Bereichen kein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Für eine getrennte Behandlung ist es vorteilhaft, wenn
1. eine getrennte Buchführung und
2. getrennte Bankkonten vorhanden sind.
Betriebsausgaben sind durch Schätzung aufzuteilen.
Wenn Ihre gewerblichen und freiberuflichen Tätigkeiten getrennt in Rechnung gestellt und verbucht werden können, haben Sie auch getrennte Erfassungen bei der Steuer.
Beachten Sie bitte: Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die „verbindliche Auskunft“ des Finanzamtes.
Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
Juli 2017
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