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Psychologischer Berater: freiberufliche Tätigkeit?

Frage

Ich bin dabei eine selbständige Tätigkeit aufzunehmen und bin mir unsicher, welchen steuerlichen und unternehmerischen Status mein Vorhaben hätte. Konkret möchte ich mich als Psychologischer Berater mit der Spezialisierung Kommunikationstraining selbständig machen. Meine Leistung möchte ich als Einzel- oder Gruppenqualifikation für z.B. Studenten oder jüngere Arbeitnehmer, aber auch später ggf. Unternehmen anbieten. Darüber hinaus wurde mir bereits eine Dozententätigkeit bei einer VHS in Aussicht gestellt. Meine Frage ist, ob ich mit diesem Angebot als Freiberufler gelte oder welche andere Rechtsform in Frage kommt, falls das Finanzamt mich nicht als Freiberufler anerkennt. Zu meinem beruflichen Hintergrund: Ich habe vor längerer Zeit studiert und das Studium kurz vor der Magisterprüfung abgebrochen. Danach habe ich mehrere Jahre als Teamleiter im Kundenservice gearbeitet. Nebenbei habe ich ein Fernstudium zum Psychologischen Berater abgeschlossen.

Antwort

Grundsätzlich gibt es für Sie zwei Wege in die steuerliche Freiberuflichkeit:
1. über die Psychologie oder
2. über eine unterrichtende Tätigkeit, aber möglicherweise auch
3. mit der beratenden Tätigkeit.

Zu. 1.: Für diese Variante benötigen Sie einen Hochschulabschluss in Psychologie oder verwandten Fächern (Pädagogik, Sozialpädagogik).

Zu 2.: Unterricht ist in diesem Sinn die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen durch Lehrerinnen und Lehrer an Schülerinnen und Schüler in organisierter und institutionalisierter Form (Bundesfinanzhof-BFH XI R 2/95 BStBl II 1997, Seite 687). Für eine spezifisch individuelle Leistung, wie es die Lehrtätigkeit ist, gelten dabei besonders enge Maßstäbe. Selbstständige Arbeit in Form unterrichtender Tätigkeit setzt voraus, dass der Steuerpflichtige durch persönliche und eigenverantwortliche Lehrtätigkeit Fähigkeiten und Kenntnisse zu vermitteln sucht. Danach ist ein für einen institutionalisierten Unterricht typisches Lehrprogramm und auf eine persönliche Beziehung des Unterrichtenden zur Schülerin und zum Schüler erforderlich. Der Unterrichtscharakter muss durchgängig gewährleistet sein, eine punktuelle Anleitung genügt nicht (Fitnessstudio siehe BFH-Urteil IV R 79/92in BStBl II 94 Seite 362). Der Unterricht erfordert ein schulmäßiges allgemeingültiges Programm eines bestimmten Fachgebietes. Dies schließt Individualunterricht nicht aus. Die Vermittlung von "Know-how-Mix" ist jedoch nicht unterrichtend, sondern beratend (siehe BFH XI R 2/95). Der Gegenstand der Lehrveranstaltung (z. B. Reiten, Tanzen, Gymnastik, Fußball, Kfz-Fahren etc.) ist für die Frage der unterrichtenden Tätigkeit unerheblich. Bei nebenberuflicher Unterrichtstätigkeit ist in der Regel von Einkünften aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG auszugehen. Wenn der unterrichtsorganisatorische und verwaltende Anteil einer gewerblichen Betätigung vergleichbar die Gesamttätigkeit prägt, liegt keine unterrichtende Tätigkeit vor. Unter den genannten Bedingungen könnte auch betriebswirtschaftliches Coaching als unterrichtende Tätigkeit und damit ebenfalls als freiberuflich im steuerlichen Sinn angesehen werden.

Zu 3.: beratende Tätigkeit: Eine beratende Tätigkeit als Form der Freiberuflichkeit scheidet bei Ihnen wohl aus. Dies wäre nur erfüllt, wenn diese Beratung zum Berufsbild des Psychologen gehört und Sie dort einen Hochschulabschluss vorweisen. Es gäbe da noch den beratenden Betriebswirt als freien Beruf, doch hier benötigen Sie eine einschlägige Ausbildung in BWL (nur in Ausnahmefällen ohne entsprechendes Studium) sowie eine Tätigkeit in einem Schwerpunkt der BWL. "Die Betriebswirtschaftslehre umfasse in der Regel folgende Hauptgebiete wie Investition und Finanzierung, Bankwesen, betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Wirtschaft, Marktforschung, Werbung und Verkauf, Buchführung, Handels- und Steuerbilanzen, Kostenrechnung einschließlich Plankostenrechnung und Betriebsstatistik, Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Arbeits- und Wirtschaftsstrafrecht, Mathematik einschließlich Wirtschaftsmathematik, Operations- Research, Lagerhaltung, Materialwirtschaft, Transport und Produktion, Netzplantechnik, Kapazitäts-, Zeit- und Kostenplanung, Datenverarbeitung, Wirtschaftsinformatik, Programmiersprache, Personal- und Ausbildungswesen, Berufs- und Arbeitspädagogik und Volkswirtschaftslehre". Quelle: Wotschofsky/Hüsing: Zur Gewerblichkeit freiberuflich Tätiger am Beispiel des Unternehmensberaters, in Stbg 1999 Nr. 7, Seite 332.

Falls gemischte Tätigkeiten vorliegen (also freiberuflich und gewerblich), so gilt: Wenn Sie die Voraussetzungen zur unterrichtenden Tätigkeit erfüllen, können Sie diese Dienstleistung in freiberuflicher Form ausüben. Ist Ihre Tätigkeit unter den hier genannten Voraussetzungen sowohl beratend als auch unterrichtend, so gilt das Folgende: Nach der Geprägetheorie (für Einzelunternehmerinnen) wird die Einordnung der untrennbaren Tätigkeit als freiberuflich oder gewerblich vorgenommen. Entscheidend ist demnach, welche der Tätigkeiten für das Erscheinungsbild der Gesamtbetätigung prägend im Vordergrund ist. Die Geprägetheorie ist aber nur bei Tätigkeiten anwendbar, die als einheitlich anzusehen sind. Dies ist i. d. R. nur dann geboten, wenn die Tätigkeiten sich gegenseitig bedingen und derart miteinander verflochten sind, dass sie nach der Verkehrsauffassung als Einheit anzusehen sind.

Die andere Möglichkeit ist eine trennbar gemischte Tätigkeit: Üben Sie als Einzel-Freiberufler sowohl eine freiberufliche als auch eine gewerbliche Tätigkeit aus, so sind diese steuerlich getrennt zu behandeln. Dies ist aber nur der Fall, wenn zwischen den beiden Bereichen kein Zusammenhang besteht - man spricht von einer gemischt-trennbaren Tätigkeit. Für eine getrennte Behandlung ist es vorteilhaft, wenn 1. eine getrennte Buchführung und 2. getrennte Bankkonten vorhanden sind. Betriebsausgaben sind durch Schätzung aufzuteilen.

Kommen wir zur Steuer: Wenn Ihre gewerblichen und freiberuflichen Tätigkeiten getrennt in Rechnung gestellt und verbucht werden können, haben Sie auch getrennte Erfassungen bei der Steuer. Für die Einkommensteuererklärung bedeutet das: Zu den insgesamt sieben Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes gehört auch der zu versteuernde Gewinn aus einer unternehmerischen Tätigkeit. Dies können Gewinne aus einer freiberuflichen oder gewerblichen Unternehmertätigkeit sowie Gewinnanteile von Gesellschaftern sein.

Dies sollten Sie ebenfalls unbedingt beachten: Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die "verbindliche Auskunft" des Finanzamtes. Meine Empfehlung ist, der Anzeige der Aufnahme einer freiberuflichen (selbstständigen) Tätigkeit eine schriftliche Begründung beizufügen. So lange Sie nicht tatsächlich Gewerbesteuer bezahlen müssten, wäre auch eine nachträgliche Statusänderung kein Schaden.

Ihre freiberufliche Tätigkeit zeigen Sie nur dem zuständigen Finanzamt an.

Beachten Sie bitte unbedingt die Pflichtversicherung für selbstständig Lehrende in der gesetzlichen Rentenversicherung. Nähere Informationen hierzu finden Sie unter
www.deutsche-rentenversicherung.de.


Quelle:
Dr. Willi Oberlander
M.A.
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)

Stand:
November 2019

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