Antwort
Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehört der Beruf des beratenden Betriebswirtes zu den freiberuflichen Tätigkeiten. Es handelt sich um einen so genannten „Katalogberuf“ in der Aufzählung des Gesetzestextes. Damit ein Beruf dem Katalogberuf ähnlich ist, muss er in wesentlichen Punkten mit diesem übereinstimmen. Dazu gehört, dass Ausbildung und die berufliche Tätigkeit (Berufserfahrung) selbst mit dem Katalogberuf vergleichbar sind.
Beginnen wir mit dem Personalrecruitment: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat im Jahr 2002 einen Diplom-Kaufmann für gewerblich erklärt, der in der Personalberatung tätig war. Dabei handelte es sich nicht nur um eine vermittelnde Tätigkeit, sondern um eine komplexe Dienstleistung: Erstellung von Anforderungsprofilen, Kontaktpflege, Beurteilung von Bewerbungsunterlagen, Führung von Bewerbungsgesprächen und Unterbreiten von Vorschläge für geeignete Kandidaten. Als wichtigen Vorbehalt stellte das Gericht fest, dass die Zahlung von Erfolgshonoraren für Personalvermittlung grundsätzlich gewerblich sei (Erfolgshonorare sind immer ein deutliches Indiz für Gewerbe). Hauptargument war jedoch die Spezialisierung der Aufgabe. Zitat: „Für die Zuordnung zum Beruf eines beratenden Volks- oder Betriebswirts (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG) fehlt die Voraussetzung, dass sich die Tätigkeit auf einen Hauptbereich der Betriebswirtschaft erstrecken muss (BFH-Urteil vom 4. 5. 2000 IV R 51/99, BStBl II 2000, 616). Denn prägend für die streitige Tätigkeit ist nicht die Beratung sondern die Vermittlung von Personal, die nicht typisch für einen beratenden Betriebswirt, sondern für eine - gewerbliche - Maklertätigkeit ist (vgl. BFH, Urteil v. 26.11.1998, IV R 59/97, BStBl II 1999, 167 zu sog. Spielerberatern). Dies gilt selbst dann, wenn der Steuerpflichtige im Übrigen die berufsrechtlichen Voraussetzungen für die Ausübung eines sog. Katalogberufs i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG erfüllt (BFH, Urteil v. 27. 2. 1992, IV R 131/90, BFH/NV 1992, 664).“ (Zitatende)
Quelle: BFH, Urteil vom 19.09.2002, IV R 70/00
Hier würde also bei Ihnen die Freiberuflichkeit in Frage gestellt. Zur näheren Information: Schwerpunkte der BWL sind nach der Rechtsprechung des BFH: Unternehmensführung, Leistungserstellung (Fertigung von Gütern/Bereitstellung von Dienstleistungen), Materialwirtschaft, Finanzierung, Vertrieb, Verwaltungs- und Rechnungswesen sowie Personalwesen. Dabei ist also Personalwesen in seiner Gesamtheit gefordert und nicht „nur“ Personalrecruitment als Teilgebiet des Personalwesens - inwieweit dies der Realität in Unternehmen entspricht, ist eine andere Frage!
Kommen wir zu Ihrer Berufserfahrung im Bereich Psychologie: Ein weiterer Weg in den freien Beruf wäre wiederum die Ähnlichkeit mit einem anderen der oben angesprochenen Katalogberufe - hier über eine dem Diplom-Psychologen ähnliche Tätigkeit. Fehlt dabei der Hochschulabschluss, so wird es mit der Gleichstellung in jedem Fall schwierig. In diesem Zusammenhang ist jedoch anzumerken, dass die Praxis der Finanzämter sehr unterschiedlich ist. Nach meiner Erkenntnis müssen Sie eher von einer Einordnung in das Gewerbe ausgehen.
Beachten Sie bitte noch das Folgende: Nach vorliegenden Erfahrungen kommt es häufig vor, dass selbstständige Dienstleister dem Finanzamt einen freien Beruf anzeigen und dabei von einer Freistellung vom Gewerbe ausgehen. Oft werden Anmeldungen von (vermeintlichen) Freiberuflern bei den Finanzämtern ohne nähere Prüfung akzeptiert. Betroffene Personen gehen dann ebenso häufig wie fälschlich von einer Anerkennung als Freiberufler aus. Wenn Sie sich trotz Unsicherheit als freiberuflich (im Steuerdeutsch: selbstständig) beim Finanzamt anmelden, so ist dies unschädlich, so lange nicht eine Betriebsprüfung nachträglich ein Gewerbe feststellt. Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die so genannte „verbindliche Auskunft“ des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit hohen Anforderungen und mit Kosten verbunden.
Sollten Sie sich entschließen, auf die Gewerbeanmeldung zu verzichten und lediglich dem Finanzamt einen freien Beruf anzuzeigen, so müssen Sie noch das Folgende beachten: Als Einzelunternehmerin wird Ihnen bei der Gewerbesteuer ein jährlicher Freibetrag von 24.500 Euro auf den Gewinn gewährt. Bleiben Ihre Einkünfte aus Gewerbebetrieb regelmäßig unterhalb dieser Grenze, müssen Sie keine Nachzahlungen der Gewerbesteuer erwarten.
Selbstverständlich wird Ihre hohe Qualifikation in keiner Weise in Frage gestellt. Es ist schlichtweg davon auszugehen, dass Ausbildung und Beruf bzw. Dienstleistung im Sinne des Einkommensteuergesetzes und der einschlägigen Rechtsprechung nicht zusammenpassen.
Quelle: Dr. Willi Oberlander M.A.
Unternehmensberatung
Dezember 2017
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