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Kunstberatung: gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit?

Frage

Ich möchte mich gerne selbständig machen als Kuratorin und Autorin. Zusätzlich überlege ich auch noch Art-Consulting im Rahmen der organisierten Ausstellungen anzubieten. Nun bin ich mir nicht sicher, ob Kunstberatung noch in die freiberufliche Tätigkeit fällt oder ob ich dafür ein Gewerbe anmelden müsste. Ich habe Kunst studiert und in Kunstgeschichte promoviert.

Antwort

Als Autorin im Bereich Kunst sind Sie steuerlich freiberuflich tätig. Mit der Tätigkeit als Kuratorin ist es schwieriger. Eine Tätigkeit als beratende Betriebswirtin wäre gegeben, wenn Sie die folgenden Voraussetzungen erfüllen: Von Unternehmensberatern ohne einen staatlich anerkannten Hochschulabschluss verlangt die Rechtsprechung als Anerkennung der Freiberuflichkeit einen Nachweis umfassender Tätigkeiten in Hauptbereichen der Betriebswirtschaft. Der für die Beurteilung des Unternehmensberaters ohne Studienabschluss relevante Katalogberuf ist der des beratenden Betriebswirtes. Ein Beruf ist einem Katalogberuf ähnlich, wenn er in wesentlichen Punkten, insbesondere im Hinblick auf die Ausbildung und berufliche Tätigkeit mit ihm verglichen werden kann.

Gehen wir davon aus, dass die oben dargelegten Voraussetzungen nicht gegeben sind, so wäre eine künstlerische Betätigung in Erwägung zu ziehen. Um dies beurteilen zu können, habe ich mir das Berufsbild der Kuratorin näher angesehen. Hierzu werden folgende Kompetenzen angegeben:

Kernkompetenzen, die man während des Studiums erwirbt:
- Ausstellungen organisieren und durchführen
- Bestandspflege (Archiv, Bibliothek)
- Dokumentation (Archiv, Bibliothek)
- Führungen veranstalten
- Konzeption (Theater, Film, Fernsehen, Ausstellung)
- Kulturgeschichte
- Kunstgeschichte
- Museumspädagogik
- Öffentlichkeitsarbeit, Public Relations

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, berufenet (www)
aufgerufen am 06.11.2014

Hier ist für Sie wichtig, inwieweit die künstlerischen Anforderungen Ihr Berufsbild prägen und nicht betriebswirtschaftliche Inhalte. Für die künstlerische Berufsausübung müssten Sie selbst vorwiegend schöpferisch tätig sein, was hier wohl nicht vorliegt. Damit komme ich zum nächsten Schritt, der wissenschaftlichen Tätigkeit. Die allgemeinen Anforderungen an eine - aus steuerlicher Sicht - wissenschaftliche Tätigkeit sind: Wissenschaft ist die Erarbeitung von Erkenntnissen anhand objektiver Maßstäbe unter Anwendung rationaler Methoden. Wissenschaftliche Tätigkeit setzt zwar kein Hochschulstudium, wohl aber wissenschaftliche Kenntnisse voraus. Wissenschaftlich tätig wird nicht nur, wer schöpferische oder forschende Arbeit leistet (reine Wissenschaft), sondern auch, wer das aus der Forschung hervorgegangene Wissen und Erkennen auf konkrete Vorgänge anwendet (angewandte Wissenschaft). Erforderlich ist allerdings stets, dass die Tätigkeit von der Methodik her nachprüfbar und nachvollziehbar ist. Grundsätzlich ist zu sagen, dass die wissenschaftliche Tätigkeit bestimmt wird durch die Forderung, eine in der Praxis gestellte Aufgabe durch methodische Fragestellung, präzise Untersuchungsmethoden, kritische Auswertung der Resultate und koordinierten Einsatz von theoretischen Kenntnissen zu bewältigen. Die Unterscheidung zwischen Forschungswissenschaft und angewandter Wissenschaft ist für die berufliche Realität in hohem Maße relevant. Die Ausübung angewandter Wissenschaft begründet eine Brückenfunktion zwischen theoretischen Anforderungen und praxisrelevanter Wissenschaft.
Quelle: Urteil des Bundesfinanzhofes
BFH 30. 3. 1976, VIII R 137/75, BStBl 1976 II, 464; BFH 24. 2. 1965, I
349/61 U, BStBl 1965 III, 263

Es wäre also eine "doppelte Freiberuflichkeit" möglich: Als Autorin und Kunstwissenschaftlerin. Kunst und Wissenschaft in dem dargelegten Sinn müssen Ihre Tätigkeit deutlich prägen. Hier gilt die so genannte "Geprägetheorie":
Diese Geprägetheorie ist nur bei Tätigkeiten anwendbar, die als einheitlich anzusehen sind. Dies ist in der Regel nur dann geboten, wenn die Tätigkeiten sich gegenseitig bedingen und derart miteinander verflochten sind, dass sie nach der Verkehrsauffassung als Einheit anzusehen sind. Auch diese Bedingung könnte bei Ihnen gegeben sein.

Quelle:
Dr. Willi Oberlander M.A.
Geschäftsführer
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
November 2014

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