Navigation

Karriereberaterin/Berufscoach: freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit?

Frage

Ich bin Dipl. Sozialpädagogin und möchte mich nach der Elternzeit als Karriereberaterin/Berufscoach für Wiederein- und Umsteigerinnen selbständig machen. Die Beratung erfolgt online, via Skype, per Telefon oder im individuellen Beratungsgespräch. Zudem möchte ich noch Web-Seminare und Kurse online anbieten, Fachartikel und Texte schreiben und evtl. Ebooks zu dem Thema schreiben. Es handelt sich überwiegend um eine beratende Tätigkeit auf der Basis meiner während des Studiums erworbenen psychologischen Kennnisse und Fähigkeiten und meiner langjährigen Berufserfahrung. Zudem habe ich während meines Studiums einen Zertifikatskurs im "Management für soziale Organisationen" an der Fachhochschule belegt und abgeschlossen. Ebenso eine gesprächstherapeutische Ausbildung über drei Jahre, welche aber noch nicht abgeschlossen ist. Meine Frage ist, ob ich als Freiberuflerin tätig werden kann oder ein Gewerbe anmelden muss.

Antwort

Ihre Dienstleistungen fügen sich offenbar zu einer mehrfachen steuerlichen Freiberuflichkeit zusammen:

1. Wenn Sie als Sozialpädagogin Tätigkeiten ausüben, die sowohl Ihrem Berufsbild als auch dem einer Psychologin zugeordnet werden können, so liegt eine psychologenähnliche Tätigkeit vor. Die Psychologin arbeitet nach der einschlägigen Gesetzgebung in einem so genannten "Katalogberuf" (dieser Beruf im Gesetz ausdrücklich genannt) und damit freiberuflich. Bei Beratungen ist nachrangig, in welcher Form sie vorgenommen werden, wenn diese Kontakte persönlich sind und individuelle Problemlösungen zum Ziel haben.

2. Web-Seminare und Kurse können unterrichtend und damit ebenfalls freiberuflich sein: "Unterricht ist die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen durch Lehrer an Schüler in organisierter und institutionalisierter Form" (vgl. BFH-Urteile vom 13.Januar 1994 IV R 79/92, BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362, und vom 18. April 1996 IV R 35/95, BFHE 180, 568, BStBl II 1996, 573).

Die organisierte und institutionalisierte Form des Unterrichts setzt u. a. ein auf ein bestimmtes Fachgebiet bezogenes schulmäßiges Programm zur Vermittlung von Kenntnissen an den/die Lernwilligen voraus. Dies schließt einen Individualunterricht zwar nicht aus, wie sich auch aus den Urteilen des IV. Senats zum Fitness- und Bodybuilding-Studio ergibt (vgl. Urteile in BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362, und in BFHE 180, 568, BStBl II 1996, 573). In diesen Fällen wird bei der Durchführung eines nach Lehrziel und Lehrmethode feststehenden Programms - Training des Körpers unter Zuhilfenahme von Geräten - der Unterricht auf die besonderen Bedürfnisse des einzelnen abgestellt. Lassen sich jedoch Kenntnisse nicht aufgrund eines für das bestimmte Fachgebiet allgemeingültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lehrprogramms vermitteln, sondern erfordert die Tätigkeit die Erarbeitung und Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programms, so stellt dies keine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form mehr dar. Es würde sich hierbei um eine beratende Tätigkeit handeln und die wäre wiederum nur dann freiberuflich, wenn die Bedingungen unter 1. erfüllt wären.

3. Hinzu käme nach Ihren Angaben eine schriftstellerische Tätigkeit: Schriftstellerisch ist tätig, wer eigene Gedanken für die Öffentlichkeit niederschreibt. Anforderungen hinsichtlich der Qualität wie besondere künstlerische oder wissenschaftliche Kriterien bestehen dabei nicht; grundsätzlich sind natürlich verbotene Inhalte ausgeschlossen (rechtsextreme Texte usw.). Auch wenn mehrere Personen Texte bearbeiten, kann schriftstellerische Tätigkeit vorliegen, wenn Gedanken einzelner Autoren zumindest teilweise übernommen werden. Nach der Rechtsprechung der Finanzgerichte gehört zur schriftstellerischen Tätigkeit auch das Verfassen von Werbetexten, wenn die Verfasser die Werbelinie im Großen und Ganzen selbst bestimmen können. Ergänzend hierzu erwähne ich noch die journalistische Tätigkeit: Als Journalistin gilt diejenige, die Sachverhalte in eigene Worte fasst und mit seinen Werken Urheberrechte erlangt und verwertet.

Mit Ihren wohl drei Freiberuflichkeiten müssen Sie bei Erfüllung der genannten Voraussetzungen kein Gewerbe anmelden. Sie zeigen die "kombinierte Freiberuflichkeit" lediglich dem zuständigen Finanzamt (am Wohnort) an.

Quelle:
Dr. Willi Oberlander M.A.
Diplom-Betriebswirt (FH)
Geschäftsführer
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
Juli 2014

Tipps der Redaktion:

Hotline 030-340 60 65 60 Für allgemeine Fragen
Montag bis Donnerstag: 8:00 - 18:00 Uhr
Freitag: 8:00 - 12:00 Uhr
nach oben