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Diplom-Psychologin und systemischer Coach: erste Schritte?

Frage

Ich möchte mich nebenberuflich selbständig machen als Diplom-Psychologin und systemischer Coach. Bis jetzt war ich das bereits im Rahmen der Kleinunternehmer-Regelung. Der Steuerberater hat jetzt aber signalisiert, dass meine Umsätze dafür zu groß werden.

Schwerpunkte sollen mehrere Säulen sein: Referententätigkeit für andere Fortbildungsanbieter bzw. Durchführung eigener Fortbildungen in eigenen Räumen sowie Coaching und Teamcoaching. Langfristig soll eine das Projekt evtl. in einer hauptberuflichen Selbständigkeit münden. Außerdem will ich langfristig die Heilerlaubnis als Heilpraktiker erwerben und damit auch heilend/therapeutisch tätig sein.

Meine Fragen: Kann ich das alles als Freiberufler machen oder muss ich dazu ein Gewerbe anmelden? Ist es sinnvoll, die Bereiche zu trennen? Rechtlich, z.B. durch Anmeldung mehrerer Gewerbe, und auch räumlich? Welche Dinge sind bei der Gründung zu beachten bzgl. der Räumlichkeiten (Genehmigungen)? Welche Versicherungen sind dringend erforderlich? Brauche ich eine Berufshaftpflichtversicherung? Gibt es hier Vorschriften? Welche Unterschiede bestehen zwischen Freiberuflichkeit und Gewerbeanmeldung? Welchen Institutionen muss eine solche Selbständigkeit noch gemeldet werden oder läuft das alles automatisch bei der Anmeldung?

Antwort

Die Kleinunternehmerregelung gilt für alle Selbstständigen und bezieht sich auf die Umsatzsteuer. Ihre Frage jedoch nimmt Bezug auf die Freiberuflichkeit im Rahmen der Einkommensteuer. Sofern Ihre Dienstleistungen zum Berufsbild der Psychologin zählen, sind Sie grundsätzlich freiberuflich tätig. Denn: Die Diplom-Psychologin wird im Partnerschaftsgesellschaftsgesetz explizit den Freien Berufen zugeordnet.

Die zweite Zuordnung zu den Freien Berufen kann im Rahmen des Einkommensteuergesetzes in Form einer unterrichtenden Tätigkeit erfolgen. Für Ihre Coaching- oder Dozententätigkeit gibt es keinen Katalogberuf, es handelt sich vielmehr um einen so genannten "Tätigkeitsberuf", in diesem Fall die unterrichtende Tätigkeit. Sie sind unterrichtend und damit steuerlich freiberuflich tätig, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: "Unterrichtend" ist jede Art der persönlichen Lehrtätigkeit. Dabei können gewerblich Tätigkeiten enthalten sein, etwa wenn Sie im Rahmen Ihre Freien Berufes noch Bücher verkaufen. "Unterricht ist die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen durch Lehrer an Schüler in organisierter und institutionalisierter Form"(vgl. BFH-Urteile vom 13.Januar 1994 IV R 79/92, BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362, und vom 18. April 1996 IV R 35/95, BFHE 180, 568, BStBl II 1996, 573). Diese organisierte und institutionalisierte Form des Unterrichts setzt u. a. ein auf ein bestimmtes Fachgebiet bezogenes schulmäßiges Programm zur Vermittlung von Kenntnissen an den/die Lernwilligen voraus. Dies schließt einen Individualunterricht zwar nicht aus, wie sich auch aus den Urteilen des IV. Senats zum Fitness- und Bodybuilding-Studio ergibt (vgl. Urteile in BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362, und in BFHE 180, 568, BStBl II 1996, 573). In diesen Fällen wird bei der Durchführung eines nach Lehrziel und Lehrmethode feststehenden Programms - Training des Körpers unter Zuhilfenahme von Geräten - der Unterricht auf die besonderen Bedürfnisse des einzelnen abgestellt. Lassen sich jedoch Kenntnisse nicht aufgrund eines für das bestimmte Fachgebiet allgemeingültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lehrprogramms vermitteln, sondern erfordert die Tätigkeit die Erarbeitung und Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programms, so stellt dies keine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form mehr dar. Es handelt sich hierbei um eine beratende Tätigkeit. Da Sie über eine einschlägige wissenschaftliche Ausbildung verfügen, muss die Frage nach den qualifikatorischen Anforderungen hier nicht näher erörtert werden.

Als Heilpraktikerin sind Sie ebenfalls freiberuflich tätig, sofern Sie im Rahmen dieses Berufsbildes arbeiten. Sollten Sie zu dem nahe liegenden Ergebnis kommen, freiberufliche Dienstleistungen anzubieten, so müssen Sie diese Tätigkeiten lediglich dem zuständigen Finanzamt (Wohnort) anzeigen.

Bei der Einkommensteuer können wir also verschiedene Formen der Freiberuflichkeit feststellen, bei der Umsatzsteuer sind unterschiedliche Regelungen gegeben - so ist die Tätigkeit der Heilpraktikerin umsatzsteuerfrei. Hier müssen Sie sich durch einen Steuerberater über die jeweiligen Umsatzsteuersätze für Ihre jeweiligen Dienstleistungen informieren.

Bei den Räumlichkeiten sollten Sie sich an den Anforderungen für Heilpraktiker orientieren, da hier im Vergleich der von Ihnen angebotenen Dienstleistungen die strengsten Anforderungen bestehen. Außerdem müssen Sie im Verlauf Ihrer Selbstständigkeit durch die Erweiterung in Form einer Tätigkeit als Heilpraktikerin keine Veränderungen erwarten. Die Praxis in eigenen Räumlichkeiten erfordert für Sie als Freiberuflerin in der Regel keinen Umnutzungsantrag gemäß Baurecht, sofern weniger als die Hälfte der Wohnfläche hierfür genutzt wird. Es kann die Bereitstellung eines Parkplatzes erforderlich sein.

Über Versicherungen für Selbstständige informierte das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) unter
http://www.existenzgruender.de/DE/Weg-in-die-Selbstaendigkeit/Vorbereitung/Gruendungswissen/Versicherungen-Vorsorge/Betriebliche-Versicherungen/inhalt.html

Zum Unterschied zwischen Freiem Beruf oder Gewerbe und erforderlichen Anmeldungen sehen Sie einen Vortrag des IFB auf den Internetseiten des BMWi unter
Freier Beruf oder Gewerbe (PDF, 109  KB)

Weitere Informationen finden Sie umfangreich - etwa in Form von eTrainings - ebenfalls beim BMWi:

Quelle: Dr. Willi Oberlander M.A.
Geschäftsführer
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
Februar 2015

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