Navigation

Designerin und Kunsttherapeutin: Coaching und Beratung anbieten?

Frage

Ich bin diplomierte Designerin und Kunsttherapeutin. Ich möchte mich nun als Coach und Berater selbständig machen, wobei ich aufbauend auf meinen künstlerischen und kunsttherapeutischen Qualifikationen auch Selbsterfahrung mit künstlerischen Mitteln in meinem Atelier anbieten möchte. Wie ich es im Moment verstehe, gehöre ich nicht zu dem Katalogberuf der freien Berufe (und übe auch keine unterrichtende Tätigkeit aus). Trotzdem bin ich unsicher: Bin ich mit meinen Qualifikationen und meinem speziellen Beratungsangebot steuerrechtlich als Freiberufler zu sehen? Oder werde ich als gewerblich tätig angesehen?

Antwort

Sie gehen wohl richtig davon aus, dass Ihre Dienstleistung als Coach und Beraterin nicht als unterrichtend im Sinn des Einkommensteuergesetzes angesehen werden kann. Wenn Sie Ihre Kenntnisse nicht auf der Grundlage eines allgemein gültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lernprogramms vermitteln, sondern die Erarbeitung und Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten Programms erforderlich ist, handelt es sich nicht mehr um eine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form, sondern um eine beratende Tätigkeit (vgl. BFH-Urteil in BFHE 183, 450, BStBl II 1997, 687).

Da Coaching nicht auf eine abstrakte Vermittlung theoretischen oder praktischen Wissens beschränkt ist, sondern in der Regel aus intensiver persönlicher Begleitung und Beratung im mentalen Bereich besteht, liegt hier keine unterrichtende Tätigkeit vor. Anders wäre es, wenn Sie Seminare oder andere Gruppenveranstaltungen anbieten würden. Hierzu stellte etwa das Finanzgericht Nürnberg zur Unternehmensberatung fest: „Wenn selbständige Unternehmensberater sich darauf beschränkend spezialisieren, seminarmäßig für Unternehmen tätig zu werden, um deren Mitarbeitern, soweit sie Vorgesetzte sind, die Fähigkeit des Coachings zu vermitteln, werden sie unterrichtend tätig“ (FG Nürnberg, Urteil vom 15.1.2003, DStREE 10/2003).

Gelegentlich wird Coaching auch mit erzieherischer Tätigkeit in Verbindung gebracht. Eine erzieherische Tätigkeit erfordert eine umfassende Schulung des Charakters und die Bildung der Persönlichkeit im Ganzen. Eine erzieherische Tätigkeit liegt nach der Rechtsprechung nur im Umgang mit Kindern und Jugendlichen vor! Der Bundesfinanzhof hat das Coaching von Managern zwecks Bewältigung von Führungsaufgaben aus dieser Sicht als gewerblich eingestuft (BFH-Urteil vom 11.6.1997, XI R 2/95, BStBl. 1997 II S. 687).

Auch einen Heilberuf (im Einkommensteuergesetz oder Partnerschaftsgesellschaftsgesetz genannten Beruf) bzw. einen ähnlichen Beruf (Analogberuf) üben Sie nicht aus. Zur Begründung wird in der Rechtsprechung ausgeführt, dass keine berufsrechtlichen Regelungen über den Berufszugang und die Berufsausübung bestehen, die den für die Katalogberufe bestehenden Gesetzen ähnlich sind.

Ein weiterer Weg in den freien Beruf wäre wiederum die Ähnlichkeit mit einem der oben angesprochenen Katalogberufe - hier aber nicht im Rahmen der Heilberufe, sondern über eine der Diplom-Psychologin ähnliche Tätigkeit. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, verfügen Sie über einen Hochschulabschluss im Design. Inwieweit Ihre vierjährige Ausbildung zur Kunsttherapeutin und die siebenmonatige Weiterbildung zum Coach/Psychologischer Berater zur Psychologenähnlichkeit führen, ist schwer zu sagen. Fehlt hier der Hochschulabschluss, so wird es mit der Gleichstellung in jedem Fall schwierig. In diesem Zusammenhang ist jedoch anzumerken, dass die Praxis der Finanzämter sehr unterschiedlich ist. Nach meiner Erkenntnis müssen Sie eher von einer Einordnung in das Gewerbe ausgehen.

Eine weitere, deutlich bessere Perspektive ergäbe sich aus der auf das Gebiet der Psychotherapie eingeschränkten Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde nach dem Heilpraktikergesetz (HPG), die auf Antrag von den Gesundheitsämtern erteilt wird. Dies würde nicht nur die Zugehörigkeit zu den freien Berufen ermöglichen, sondern auch Ihr berufliches Handlungsfeld erweitern.

Anmerkung zu den Berufsbezeichnungen „Beratender Psychologe“ und „Psychologischer Berater“:
„Beratende Psychologen“ dürfen sich nur Diplom-Psychologen (Master) nennen. Die Berufsbezeichnung „Psychologischer Berater“ ist hingegen nicht geschützt, ebenso die Praxisbenennung „Psychologische Beratungspraxis“, nicht jedoch die Bezeichnung „Praxis für Psychotherapie“. Mit staatlich anerkannten (Hochschul-)Abschlüssen können Sie natürlich öffentlich in Erscheinung treten.

Beachten Sie bitte noch das Folgende: Nach vorliegenden Erfahrungen kommt es häufig vor, dass selbstständige Dienstleister dem Finanzamt einen freien Beruf anzeigen und dabei von einer Freistellung vom Gewerbe ausgehen. Oft werden Anmeldungen von (vermeintlichen) Freiberuflern bei den Finanzämtern ohne nähere Prüfung akzeptiert. Betroffene Personen gehen dann ebenso häufig wie fälschlich von einer Anerkennung als Freiberufler aus. Wenn Sie sich trotz Unsicherheit als freiberuflich (im Steuerdeutsch: selbstständig) beim Finanzamt anmelden, so ist dies unschädlich, so lange nicht eine Betriebsprüfung nachträglich ein Gewerbe feststellt. Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die so genannte „verbindliche Auskunft“ des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit hohen Anforderungen und mit Kosten verbunden.

Sollten Sie sich entschließen, auf die Gewerbeanmeldung zu verzichten und lediglich dem Finanzamt einen freien Beruf anzuzeigen, so müssen Sie noch das Folgende beachten: Als Einzelunternehmerin wird Ihnen bei der Gewerbesteuer ein jährlicher Freibetrag von 24.500 Euro auf den Gewinn gewährt. Bleiben Ihre Einkünfte aus Gewerbebetrieb regelmäßig unterhalb dieser Grenze, müssen Sie keine Nachzahlungen der Gewerbesteuer erwarten.

Quelle: Dr. Willi Oberlander M.A.
Unternehmensberatung
November 2017

Tipps der Redaktion:

Hotline 030-340 60 65 60 Für allgemeine Fragen
Montag bis Donnerstag: 8:00 - 18:00 Uhr
Freitag: 8:00 - 12:00 Uhr
nach oben