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Coaching, Teamsupervision und Organisationsberatung: freiberufliche Tätigkeiten?

Frage

Ich plane mich als Master of Arts, Dipl. Musiktherapeut (FH) mit Zusatzqualifikation Heilpraktiker mit einer auf das Gebiet der Psychotherapie beschränkten Erlaubnis und einer Weiterbildung in psychodynamischem Coaching, Teamsupervision und Organisationsberatung nebenberuflich selbständig zu machen. Die Idee ist Supervision, psychodynamische Coaching von Einzelpersonen und Organisationsberatung im Gesundheitsbereich anzubieten. Ist dies als freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit einzustufen und entsprechend anzumelden?

Antwort

Auf der Grundlage der von Ihnen genannten Qualifikationen stelle ich zu den aufgeführten Tätigkeiten in Bezug auf die einkommensteuerliche Freiberuflichkeit das Folgende fest:

1. Sie üben keinen Heilberuf aus (Psychotherapie). Als Heilpraktiker für Psychotherapie kann das von Ihnen angebotene Coaching oder auch die Supervision als freiberuflich im Sinne des Einkommensteuergesetzes angesehen werden, wenn die Inhalte dieser Dienstleistung Ihrem Berufsbild zugeordnet werden. Als Beispiel wäre die Burnout-Prävention zu nennen. Die von Ihnen genannten Dienstleistungen werden davon nicht erfasst. Folglich ist hier nach anderen Wegen in den freien Beruf zu fragen.

2. Supervision ist grundsätzlich nach der einschlägigen Rechtsprechung gewerblich, „da ein auf die speziellen Bedürfnisse und Organisationsstrukturen abgestimmtes Lehrprogramm erarbeitet wird“ (Finanzgericht Münster, Urteil vom 21.11.2005 - 8 K 3185/02 G).

3. Coaching: Hier stehen Ihnen mit der unterrichtenden Tätigkeit und der dem beratenden Betriebswirt vergleichbaren Dienstleistung zwei Wege in den freien Beruf offen. Im Folgenden gehe ich ergänzend auch auf die erzieherische Tätigkeit ein. Ein Beispiel aus der Rechtsprechung: (Zitat) Wenn selbständige Unternehmensberater sich darauf beschränkend spezialisieren, seminarmäßig für Unternehmen tätig zu werden, um deren Mitarbeitern, soweit sie Vorgesetzte sind, die Fähigkeit des Coachings zu vermitteln, werden sie unterrichtend tätig (Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 15.1.2003, DStREE 10/2003). (Zitatende)

4. Unterrichtende Tätigkeit: An dieser Stelle ist die Unterscheidung zwischen Anwendungen im Einzelfall und in der Gruppe einzuführen. Insbesondere bei einer Betätigung als Coach für Gruppen kommen auch die erzieherische und die unterrichtende Tätigkeit als Zugang zu freien Berufen in Betracht.
Unterricht ist nach der Rechtsprechung die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen durch Lehrer an Schüler in organisierter und institutionalisierter Form. Diese organisierte und institutionalisierte Form des Unterrichts setzt unter anderem ein auf ein bestimmtes Fachgebiet bezogenes schulmäßiges Programm voraus.

Unter welchen Voraussetzungen Sie im Bereich Lehre und Coaching freiberuflich im Sinne des Einkommensteuergesetzes tätig werden, erklärt das BMWi ausführlich in der PRAXISHILFE: Lehrende, Trainer und Coaches – freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit? (PDF, 101  KB).

Wichtig ist dabei vor allem das Folgende: Kein Unterricht, aber eine beratende Tätigkeit liegt vor, wenn die Erarbeitung oder Entwicklung eines auf die individuellen Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programmes im Vordergrund steht.

5. Ergänzend: Erziehung ist hier die planmäßige Tätigkeit zur körperlichen, geistigen und charakterlichen Formung von jungen Menschen zu tüchtigen und mündigen Menschen. Unter Mündigkeit wird die Fähigkeit verstanden, selbstständig und eigenverantwortlich die Aufgaben des Lebens zu bewältigen. Hierfür ist die Formung der gesamten Persönlichkeit erforderlich, die Schulung in Teilbereichen zwischenmenschlicher Beziehungen reicht nicht aus. Eine erzieherische Tätigkeit ist nach der Rechtsprechung nur im Umgang mit Kindern und Jugendlichen gegeben. Dies scheidet also für Sie aus.

6. Organisationsberatung im Gesundheitsbereich: Hierbei müssten Sie den Anforderungen an den beratenden Betriebswirt genügen. Die Rechtsprechung stellt hierzu fest: „Mit der Tätigkeit eines beratenden Betriebswirts ist kein festes Berufsbild verknüpft. Die Rechtsprechung hat als beratenden Betriebswirt denjenigen angesehen, der eine bestimmte Berufsausbildung auf dem Gebiet der Betriebswirtschaft erworben hat. Außer der Ausbildung an einer Universität oder technischen Hochschule mit Diplomabschluß kann diese Ausbildung auch an einer Fachhochschule mit dem Abschluß als graduierter Betriebswirt oder an einer Fachakademie mit dem Abschluß als staatlich geprüfter Betriebswirt erreicht werden“ (vgl. BFH-Urteile vom 18. August 1988 - V R 73/83 BStB1 II 1989, 212; und vom 28. Juni 1989 - I R 114/85 BStB1 II 1989, 956).“
Auch hierzu ein beispielhaftes Urteil: „Die spezialisierte Wirtschafts- und Organisationsberatung eines als selbständiger Krankenhausberater tätigen Arztes ist keine Tätigkeit iSd. Katalogberufs „Arzt“ nach Abs. 1 Nr. 1; sie kann allenfalls bei entsprechender Ausbildung als volks- oder betriebswirtähnliche Tätigkeit anzusehen sein“ (BFH v. 16.9.1999 - XI B 63/98, BFH/NV 2000, 424). Dies kommt für Sie wohl nicht in Betracht. Detaillierte Informationen zum Beratenden Betriebswirt bietet das BMWi in der PRAXISHILFE: Beratender Betriebswirt als freier Beruf (PDF, 53  KB).

7. Psychologenähnliche Tätigkeit: Liegt ein Hochschulabschluss in Psychologie oder einem verwandten Fach (Pädagogik, Sozialpädagogik) vor und sind Coaching oder Supervision diesem Berufsbild zuzuordnen, so kann eine freiberufliche Tätigkeit vorliegen. Es stellt sich also die Frage, ob die Tätigkeiten tatsächlich zum Berufsbild des Psychologen gehören.
Inwieweit Ihre Abschlüsse als Master of Arts und Diplom-Musiktherapeut (FH) hier als psychologenähnlich anzusehen sind, kann ich Ihnen nicht sagen.

Ergebnis: Sie sehen, dass unter den genannten Voraussetzungen Supervision und psychodynamisches Coaching freiberuflich sein können (unterrichtend oder psychologenähnlich). Bei der Organisationsberatung werden Sie wohl von einer gewerblichen Tätigkeit ausgehen müssen.

Sie sollten hierzu ein Gespräch mit dem Finanzamt suchen, das auch eine beratende Funktion hat. Beachten Sie bitte unbedingt das Folgende: Akzeptiert das Finanzamt Ihre Dienstleistung als freiberuflich („selbstständig“ im Steuerdeutsch), ist damit keine förmliche Anerkennung verbunden. Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die „verbindliche Auskunft“ des Finanzamtes, die mit hohen Anforderungen und auch mit Kosten verbunden ist.

Möglicherweise werden nicht alle Tätigkeiten den freien Berufen zugeordnet. Damit könnte eine so genannte „gemischte Tätigkeit“ vorliegen. Was damit gemeint ist und wie Sie damit umgehen, zeigt das BMWi auf der Infoseite „Gemischte Tätigkeiten - gewerblich und freiberuflich“.

Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
Dezember 2018

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