Antwort
Grundsätzlich gibt es für Sie zwei Zugänge in den freien Beruf: als beratende Betriebswirtin oder über eine unterrichtende Tätigkeit. Als beratende Betriebswirtin müssen Sie nach Qualifikation und Tätigkeit den Anforderungen genügen, die insbesondere in der einschlägigen Rechtsprechung an den Katalogberuf des beratenden Volks- und Betriebswirtes gestellt werden. Dieser Beruf ist im Einkommensteuergesetz (EStG) in § 18 Abs. 1 Nr. 1 ausdrücklich genannt.
Die Rechtsprechung stellt hierzu fest: „Mit der Tätigkeit eines beratenden Betriebswirts ist kein festes Berufsbild verknüpft. Die Rechtsprechung hat als beratenden Betriebswirt denjenigen angesehen, der eine bestimmte Berufsausbildung auf dem Gebiet der Betriebswirtschaft erworben hat. Außer der Ausbildung an einer Universität oder technischen Hochschule mit Diplomabschluß kann diese Ausbildung auch an einer Fachhochschule mit dem Abschluß als graduierter Betriebswirt oder an einer Fachakademie mit dem Abschluß als staatlich geprüfter Betriebswirt erreicht werden. Beratender Volks- und Betriebswirt wird deshalb nur derjenige, der entweder über eine abgeschlossene Ausbildung als Betriebswirt verfügt oder der sich in Form eines vergleichbaren Selbststudiums, verbunden mit praktischer Erfahrung, Kenntnisse in allen hauptsächlichen Bereichen der Betriebswirtschaftslehre angeeignet hat, die denen vergleichbar sind, die in einem der genannten Ausbildungsgänge üblicherweise erworben werden. Er muß die fachliche Breite seines Wissens bei seiner praktischen Tätigkeit einsetzen können und auch einsetzen (vgl. BFH-Urteile vom 18. August 1988 – V R 73/83 BStB1 II 1989, 212; und vom 28. Juni 1989 – I R 114/85 BStB1 II 1989, 956).“
Mit den von Ihnen genannten Qualifikationen verfügen Sie nicht über einen staatlich anerkannten Abschluss als Betriebswirt. Der Nachweis über ein Selbststudium dürfte hier schwierig sein. Vor allem die Anforderung der „Kenntnisse in allen hauptsächlichen Bereichen der Betriebswirtschaftslehre“ erscheint hier als Hürde. Es bleibt Ihnen die Möglichkeit, über ein Gespräch mit dem Finanzamt die Anerkennung als beratende Betriebswirtin zu suchen.
Beachten Sie bitte: Akzeptiert das Finanzamt Ihre Dienstleistung als freiberuflich („selbstständig“ im Steuerdeutsch), ist damit keine förmliche Anerkennung verbunden. Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die „verbindliche Auskunft“ des Finanzamtes, die mit hohen Anforderungen und auch mit Kosten verbunden ist.
Detaillierte Informationen zum beratenden Betriebswirt bietet das BMWi in der PRAXISHILFE: Beratender Betriebswirt als freier Beruf (PDF, 53 KB).
Lehre und Coaching
Unterrichtende Tätigkeiten sind hier wie folgt definiert: Werden in fachlich strukturierter, in institutionalisierter und organisierter Form Wissen, Fähigkeiten oder Fertigkeiten an Schüler vermittelt, so liegt eine unterrichtende Tätigkeit vor. Der Unterricht muss mittels eines schulmäßigen Programmes erfolgen. Kenntnisse müssen auf der Grundlage eines für das bestimmte Fachgebiet allgemeingültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lehrprogramms vermittelt werden. Unterricht umfasst hier nicht nur die Vermittlung von Wissen, sondern auch von praktischen Fertigkeiten.
Erfordert hingegen die Tätigkeit die Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programms, so stellt dies keine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form mehr dar. Es handelt sich hierbei um eine beratende Tätigkeit.
Unter welchen Voraussetzungen Sie im Bereich Lehre und Coaching freiberuflich im Sinne des Einkommensteuergesetzes tätig werden, erklärt das BMWi ausführlich in der PRAXISHILFE: Lehrende, Trainer und Coaches – freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit? (PDF, 101 KB).
Beachten Sie dabei bitte besonders das Folgende zum Coaching: Als selbstständige Coachin fallen Sie nicht unter den Katalogberuf des beratenen Betriebswirts, da sie sich auf die spezifische Beratung des mentalen Bereichs in kommunikativer Weise konzentrieren. Aber der Coach kann unterrichtend freiberuflich sein. Ein Beispiel aus der Rechtsprechung: (Zitat) Wenn selbständige Unternehmensberater sich darauf beschränkend spezialisieren, seminarmäßig für Unternehmen tätig zu werden, um deren Mitarbeitern, soweit sie Vorgesetzte sind, die Fähigkeit des Coachings zu vermitteln, werden sie unterrichtend tätig (Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 15.1.2003, DStREE 10/2003). (Zitatende)
Auch hier bleibt Ihnen nur die Verständigung mit dem Finanzamt. Bei der unterschiedlichen Handhabung der Freiberuflichkeit durch die Finanzämter kann ich Ihnen lediglich eine Tendenz angeben, die zum Gewerbe hindeutet.
Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
April 2019