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Beratung zu Ernährung, Krankheiten, Naturheilverfahren usw.: freiberufliche Tätigkeit?

Frage

Ich habe eine dreijährige staatlich geprüfte Ausbildung zum Physiotherapeuten absolviert und einen Bachelor of Science in Gesundheit und Pflege abgeschlossen. Zurzeit arbeite ich als freier Mitarbeiter in einer physiotherapeutischen Praxis. Nebenher möchte ich gerne verschiedene Beratungen zu Themen wie Schmerzen, Ernährung, Krankheiten, Naturheilverfahren anbieten. Die Räumlichkeiten, die ich dafür gerne nutzen würde, befinden sich in meiner Privatwohnung für die noch kein Gewerbe angemeldet wurde. Meine Frage ist, ob diese Beratung als freier Tätigkeit anerkannt wird.

Antwort

Einen Heilberuf im Sinne des Einkommensteuergesetzes üben Sie nicht aus. Dazu wäre eine Ähnlichkeit mit im Gesetz genannten Berufen („Katalogberufen“) erforderlich nach Ausbildung, Prüfung und staatlicher Anerkennung. Dies ist vor allem auch damit zu erklären, dass es für die Ausübung Ihres gesundheitlichen Beratungsberufes keiner behördlichen Zulassung und auch nicht einer öffentlichen Aufsicht bedarf. Nach einem BMF-Schreiben (Bundesministerium der Finanzen) vom 17.4.2000 (UR 2000, 258) fehlt auch eine berufsrechtliche Regelung (hier in Bezug auf Diplom-Oecotrophologen). Als Indiz für das Vorliegen einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit wird auch die Zulassung durch die gesetzlichen Krankenkassen bzw. die regelmäßige Zulassung einer Berufsgruppe gem. § 124 Abs. 2 SGB V angesehen.

Eine unterrichtende Tätigkeit liegt offenbar auch nicht vor. Unterricht ist nach der Rechtsprechung die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen durch Lehrer an Schüler in organisierter und institutionalisierter Form. Diese organisierte und institutionalisierte Form des Unterrichts setzt u.a. ein auf ein bestimmtes Fachgebiet bezogenes schulmäßiges Programm voraus. Erfordert die Tätigkeit die Erarbeitung und Entwicklung eines speziell auf die Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programms, so stellt dies keine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form mehr dar. Hierbei handelt es sich vielmehr um eine beratende Tätigkeit. Anders könnte es sein, wenn Sie etwa Seminare zu den von Ihnen genannten Tätigkeiten anbieten würden.

Erzieherische Tätigkeit: Erziehung ist die planmäßige Tätigkeit zur körperlichen, geistigen und charakterlichen Formung von jungen Menschen zu tüchtigen und mündigen Menschen. Unter Mündigkeit wird die Fähigkeit verstanden, selbstständig und verantwortlich die Aufgaben des Lebens zu bewältigen. Hierfür ist die Formung der gesamten Persönlichkeit erforderlich, die Schulung in Teilbereichen zwischenmenschlicher Beziehungen reicht nicht aus. Ansonsten siehe die unterrichtende Tätigkeit. Dieser Hinweis ist besonders wichtig: Eine erzieherische Tätigkeit liegt nach der Rechtsprechung nur im Umgang mit Kindern und Jugendlichen vor!

Eine grundsätzliche Unsicherheit besteht in der Frage, inwieweit Bachelor-Abschlüsse mit Hochschulabschlüssen aus der Zeit vor „Bologna“ gleichgestellt werden. Diese offene Frage betrifft viele freie Berufe, sollte Sie nach aktuellem Stand nicht an dem Zugang zu den freien Berufen hindern.

Ihre Ausbildung in der Physiotherapie und Ihr Hochschulabschluss sind grundsätzlich geeignet, Beratung in Fachgebieten, die diesen Qualifizierungen zuzuordnen sind, als freien Beruf aufzunehmen. Aber: Im Einzelfall kann die Finanzverwaltung die Freiberuflichkeit akzeptieren, oft ohne nähere Prüfung. Betroffene Personen gehen dann ebenso häufig wie fälschlich von einer Anerkennung als Freiberufler aus. Wenn Sie sich trotz Unsicherheit als freiberuflich (im Steuerdeutsch: selbstständig) beim Finanzamt anmelden, so ist dies unschädlich, so lange nicht eine Betriebsprüfung nachträglich ein Gewerbe feststellt. Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die so genannte „verbindliche Auskunft“ des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit hohen Anforderungen und mit Kosten verbunden.

Sollten Sie sich entschließen, auf die Gewerbeanmeldung zu verzichten und lediglich dem Finanzamt einen freien Beruf anzuzeigen, so müssen Sie noch das Folgende beachten: Als Einzelunternehmer wird Ihnen bei der Gewerbesteuer ein jährlicher Freibetrag von 24.000 Euro gewährt. Bleiben Ihre Einkünfte aus gesundheitlicher Beratung regelmäßig unterhalb dieser Grenze, müssten Sie keine Nachzahlungen der Gewerbesteuer befürchten.

Quelle: Dr. Willi Oberlander M.A.
Unternehmensberatung
September 2017

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