Antwort
Zunächst sollten Sie beachten, dass eine freiberufliche Einstufung von diversen Faktoren abhängig ist. Dabei ist neben Ihrer Ausbildung, auch die konkrete Dienstleistung, die Sie anbieten möchten, als relevantes Kriterium zu nennen.
Anhand der Informationen Ihrer Anfrage werden verschiedene Möglichkeiten näher erläutert, die u.U. einen Zugang zur Freiberuflichkeit ermöglichen.
Zunächst sei die Möglichkeit einer freiberuflichen Beratung als sog. „beratender Volks-und Betriebswirt" (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG) zu nennen. Die Rechtsprechung sieht denjenigen als beratenden Betriebswirt an, der über eine bestimmte Berufsausbildung auf dem Gebiet der Betriebswirtschaft verfügt. Als Nachweis können neben der Diplom-Ausbildung an einer Universität oder technischen Hochschule, auch Ausbildungen an Fachhochschulen oder Fachakademien mit dem Abschluss als staatlich geprüfter Betriebswirt gelten. Auch ohne eine solche Ausbildung, besteht durch den Nachweis entsprechender Kenntnisse, die typischerweise in den genannten Ausbildungswegen vermittelt werden, die Möglichkeit eine Vergleichbarkeit zum Berufsbild zu erzielen. Neben den genannten erforderlichen Kenntnissen, muss die Beratung zumindest einen Hauptbereich der Betriebswirtschaft umfassen (BFH-Urteil vom 18. August 1988 V R 73/83). Die Hauptbereiche der Betriebswirtschaftslehre beinhalten Themen wie z.B. Werbung und Verkauf, Personal- und Ausbildungswesen, Investition und Finanzierung, Buchführung, sowie Volkswirtschaftslehre (Quelle: Wotschofsky/Hüsing: Zur Gewerblichkeit freiberuflich Tätiger am Beispiel des Unternehmensberaters, in Stbg 1999 Nr. 7, Seite 332). Beachten Sie außerdem, dass eine Umsetzung der Ergebnisse aus den Beratungen in die betriebliche Praxis, eine gewerbliche Einstufung nach sich ziehen kann, da dies über eine klassische Beratung hinausgeht. Somit könnte die Tätigkeit „Begleiten" des Kunden, unabhängig von Ihrer Ausbildung, als gewerblich eingestuft werden.
Neben der Beratung, sei auch die sog. „unterrichtende Tätigkeit" (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG) erwähnt. „Unter Unterricht versteht man im rechtlichen Sinne die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen in organisierter und institutionalisierter Form“ (vgl. BFH-Urteile vom 13.01.1994 IV R 79/92, BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362, und vom 18.04.1996 IV R 35/95, BFHE 180, 568, BStBl. 1996, 573). Diese Definition von Unterricht umfasst somit auch individuelles Training bzw. Einzelunterricht und Coaching (vgl. Urteile in BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362, und in BFHE 180, 568, BStBl II 1996, 573). Eine Voraussetzung hierbei ist, dass sich Ihr Coaching an einem bereits vorab erarbeiteten Konzept bzw. einem Lehrplan orientiert. Des Weiteren ist es erforderlich, dass für diese unterrichtende Tätigkeit eine höhere Qualifikation benötigt wird, um als Dienstleistung höherer Art angesehen zu werden. Dies ist entscheidend, da die freien Berufe unter anderem durch diese Eigenschaft definiert sind. Auf Grund Ihres abgeschlossenen Studiums der Politikwissenschaften, ist also die Ausübung einer unterrichtenden Tätigkeit oder eines Coachings für Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen durchaus freiberuflich denkbar.
Zuletzt möchte ich noch auf die sog. „wissenschaftliche Tätigkeit" (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG) eingehen. Wissenschaftliche Tätigkeiten können dann als freiberuflich eingestuft werden, wenn eine besonders qualifizierte Arbeit, die Beantwortung einer schwierigen Streitfrage nach objektiven und sachlichen Aspekten, vermag. Ein Hochschulabschluss in einer typischerweise an Hochschulen gelehrten Disziplin wird zwar nicht gesetzlich vorausgesetzt, ist jedoch zu empfehlen, um den Status als Freiberufler zu erhalten. Ihr abgeschlossenes Studium der Politikwissenschaften, würde also auch hier ausreichen, um die an die Tätigkeit geknüpften Qualifikations-Voraussetzungen zu erfüllen. Im Zuge einer wissenschaftlichen Tätigkeit ist es auch typischerweise als freiberuflich einzustufen, wenn Ergebnisse Ihrer Arbeit einen beratenden Charakter aufweisen. Einer Beratung in diesem Sinne müssten dann ähnliche Aufgabenstellungen und Anforderungen wie beispielsweise einer wissenschaftlichen Prüfungsarbeit vorausgehen. Grundsätzlich müssen Ergebnisse einer wissenschaftlichen Tätigkeit nachvollziehbar und zu jeder Zeit von der Methodik her nachprüfbar sein.
Je nachdem, ob Ihre Tätigkeit eher einen unterrichtenden Coaching-Charakter, eine klassische Unternehmensberatung oder eine wissenschaftliche Tätigkeit beinhaltet, wäre zu prüfen, ob Sie die jeweils an die freiberufliche Tätigkeit geknüpften Voraussetzungen erfüllen. Es ist anzumerken, dass eine Freiberuflichkeit stets von den Umständen des Einzelfalls abhängig ist. Die abschließende Entscheidung (Freier Beruf - Gewerbe) obliegt allein dem Finanz- bzw. Gewerbeamt.
Bitte beachten Sie, dass die Anerkennung Ihrer Anmeldung der freiberuflichen Tätigkeit keine verbindliche Einstufung seitens des Finanzamtes darstellt. Diese wäre nur durch die sogenannte „verbindliche Auskunft" des Finanzamtes gewährleistet. Ein solches Verfahren ist jedoch mit sehr hohen Kosten und Anforderungen verbunden.
Abhängig davon, ob es sich nun bei Ihrem Vorhaben um eine freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit handelt, müsste die Anmeldung beim Finanzamt (freiberuflich) oder beim Gewerbeamt (gewerblich) erfolgen. Die Freiberuflichkeit wird beim Finanzamt mit dem Fragebogen zur steuerlichen Erfassung angezeigt, während das Gewerbe beim lokalen Gewerbeamt angemeldet wird.
Quelle: Hamid Rezai
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
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April 2019
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