Antwort
Nach dem Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) werden Meister und Techniker auf dem gleichen Kompetenzniveau wie der Bachelor im Ingenieurwesen eingestuft. Dies berechtigt Meister und Techniker nicht zum Führen der Berufsbezeichnung „Ingenieur“. Diese Berufsbezeichnung ist entsprechend den Ingenieurgesetzen in Deutschland ausschließlich den Absolventen eines mindestens dreijährigen technischen Studiums vorbehalten. Hinzu kommt, dass die Einordnung der genannten Qualifikationen insbesondere dem Vergleich von Bildungsabschlüssen und der Bildungspolitik dient und nicht für die Zuweisung zu freien Berufen relevant ist.
Grundsätzlich gilt in Bezug auf die freien Berufe im Ingenieurwesen das Folgende: (Zitat). 1. Die selbständige Berufstätigkeit der Ingenieure im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG kann seit dem Inkrafttreten der Ingenieurgesetze der Länder grundsätzlich nur ausüben, wer aufgrund der vorgeschriebenen Berufsausbildung berechtigt ist, die Berufsbezeichnung „Ingenieur“ zu führen.
2. Ein der Berufstätigkeit der Ingenieure ähnlicher Beruf im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG setzt eine Ausbildung voraus, die mit der Berufsausbildung eines Ingenieurs vergleichbar ist. Er kann ausnahmsweise auch dann vorliegen, wenn der Steuerpflichtige zwar eine Ausbildung, die mit der in den Ingenieurgesetzen der Länder vorgeschriebenen Ausbildung vergleichbar ist, nicht nachweisen kann, seine Tätigkeit aber mathematisch-technische Kenntnisse voraussetzt, die üblicherweise nur durch eine Berufsausbildung als Ingenieur vermittelt werden. (Zitatende)
Quelle: BFH-Urteil vom 18.6.1980 (l R 109/77) BStBl. 1981 II S. 118
Zur Konkretisierung der Anforderungen (Zitat): Setzt … der Katalogberuf eine qualifizierte Ausbildung voraus, reicht die Vergleichbarkeit der beruflichen Tätigkeit allein nicht aus. Der Stpfl. muss auch über in Tiefe und Breite vergleichbare Kenntnisse verfügen (BFH Urteil vom 18.4.2007, XI R 29/06, BStBl II 2007, 781). Ohne den Nachweis dieser Kenntnisse ist der Stpfl. gewerblich tätig. (Zitatende)
Zu Arbeitssicherheit, Brandschutz und Prüfung von Arbeitsmitteln ist festzustellen, dass auch diese Tätigkeiten nur dann freiberuflich sind, wenn ein dem Ingenieurberuf ähnlicher Beruf ausgeübt wird (BFH BFH/NV 2005, 1544). Ist allerdings ein Ingenieur als Fachkraft für Arbeitssicherheit oder im Brandschutz fortgebildet, so wird man ihm den Freiberuflerstatus im steuerlichen Sinn zubilligen. Die Ausbildung von Staplerfahrern wird kaum als freiberuflich eingestuft werden.
Für die Zuordnung von Meistern und Technikern zu freien Berufen in ingenieurähnlicher Form gilt der Grundsatz der Einzelfallprüfung. Wer als Meister oder Techniker die Anerkennung der Ingenieurähnlichkeit anstrebt, muss also entsprechende Nachweise führen. Hierzu werden insbesondere herangezogen detaillierte Beschreibungen zu
- beruflicher Qualifikationen einschließlich Fort- und Weiterbildungen,
- beruflichem Werdegang/einschlägiger Berufserfahrung und
- aktueller Tätigkeit.
Referenzen von (ehemaligen) Arbeitgebern und Auftraggebern können Hinweise auf besondere Qualifikationen geben, sofern diesbezügliche Angaben gemacht werden. Fort- und Weiterbildungen müssen nachgewiesen werden. Hinzu kommen besondere Nachweise wie relevante Lehraufträge, Publikationen, die Mitgliedschaft in Berufsorganisationen, Tätigkeiten als Ausbilder usw. Die Einstufung erfolgt nicht selten auf der Grundlage von Gutachten. Dabei ist es wichtig, dass Steuerpflichtige selbst beauftragte Gutachten nur von Fachleuten oder Stellen erbringen lassen, die von der Finanzverwaltung bzw. den Finanzgerichten grundsätzlich als unabhängig akzeptiert werden. Hier sind vor allem Hochschulen bzw. anerkannte Wissenschaftler zu nennen.
Die genannten Vorbehalte schließen nicht aus, dass die Finanzverwaltung Ihre Tätigkeit als ingenieurähnlich akzeptiert. Aber: Es kommt immer wieder vor, dass die Anmeldungen von (vermeintlichen) Freiberuflern bei den Finanzämtern ohne nähere Prüfung angenommen werden. Betroffene Personen gehen dann ebenso häufig wie fälschlich von einer Anerkennung als Freiberufler aus. Wenn Sie sich trotz Unsicherheit als freiberuflich (im Steuerdeutsch: selbstständig) bei Finanzamt anmelden, so ist dies unschädlich, so lange nicht eine Betriebsprüfung nachträglich ein Gewerbe feststellt. Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die so genannte „verbindliche Auskunft“ des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit sehr hohen Anforderungen und Kosten verbunden.
Detaillierte Informationen zur Kleinunternehmerregelung erhalten Sie beim BMWi unter http://www.existenzgruender.de/DE/Gruendung-vorbereiten/Gruendungswissen/Steuern/Kleinunternehmerregelung/inhalt.html
In der Praxis wird von (potenziellen) Auftraggebern die Anwendung der Kleinunternehmerregelung nicht selten als Indiz für überschaubaren wirtschaftlicher Erfolgt gewertet. Andererseits kann eine Dienstleistung dadurch günstiger angeboten werden. Wer dennoch im Rahmen der entsprechenden Option Umsatzsteuer erhebt und abführt, macht nichts falsch. Der Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung bringt allerdings auch die Anforderung mit sich, in den ersten 24 Monaten so genannte Umsatzsteuervoranmeldungen an das Finanzamt abgeben zu müssen. Es ist schlichtweg eine Frage der persönlichen Abwägung.
Für die Anzeige einer freiberuflichen Dienstleistung beim Finanzamt (Wohnort) gilt die Frist von einem Monat nach Aufnahme der Tätigkeit. Dies kann formlos erfolgen. In der Gewerbeordnung gilt der Zeitpunkt des Betriebsbeginns. Eine Verzögerung um weniger als zwei Wochen ist in der Praxis unproblematisch. Eine sachgerechte, plausible und freundliche Kommunikation ist auch hier hilfreich.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!
Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
April 2018
Tipps der Redaktion: