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Beratender Betriebswirt: Kriterien?

Frage

Ich plane, mich als Ingenieur selbständig zu machen (Maschinenbau, Fahrzeugtechnik). Wie ist die genaue Abgrenzung von „Beratender Ingenieur“ zum nicht beratenden Ingenieur? Für mich eine wichtige Frage, weil davon abhängig die Pflicht zur Ing.-Kammerzugehörigkeit ist. Werden die Aufträge geprüft? Liegt es alleine an der Berufs- bzw. Tätigkeitsbezeichnung? Welche Kammer ist für mich verpflichtend?

Antwort

Beginnen wir mit dem beratenden Betriebswirt: Sie müssen nach Qualifikation und Tätigkeit den Anforderungen genügen, die insbesondere in der einschlägigen Rechtsprechung an den Katalogberuf des beratenden Volks- und Betriebswirtes gestellt werden. Dieser Beruf ist im Einkommensteuergesetz (EStG) in § 18 Abs. 1 Nr. 1 ausdrücklich genannt.

Die Rechtsprechung stellt hierzu fest: „Mit der Tätigkeit eines beratenden Betriebswirts ist kein festes Berufsbild verknüpft. Die Rechtsprechung hat als beratenden Betriebswirt denjenigen angesehen, der eine bestimmte Berufsausbildung auf dem Gebiet der Betriebswirtschaft erworben hat. Außer der Ausbildung an einer Universität oder technischen Hochschule mit Diplomabschluß kann diese Ausbildung auch an einer Fachhochschule mit dem Abschluß als graduierter Betriebswirt oder an einer Fachakademie mit dem Abschluß als staatlich geprüfter Betriebswirt erreicht werden. Beratender Volks- und Betriebswirt wird deshalb nur derjenige, der entweder über eine abgeschlossene Ausbildung als Betriebswirt verfügt oder der sich in Form eines vergleichbaren Selbststudiums, verbunden mit praktischer Erfahrung, Kenntnisse in allen hauptsächlichen Bereichen der Betriebswirtschaftslehre angeeignet hat, die denen vergleichbar sind, die in einem der genannten Ausbildungsgänge üblicherweise erworben werden. Er muß die fachliche Breite seines Wissens bei seiner praktischen Tätigkeit einsetzen können und auch einsetzen (vgl. BFH-Urteile vom 18. August 1988 - V R 73/83 BStB1 II 1989, 212; und vom 28. Juni 1989 - I R 114/85 BStB1 II 1989, 956).“

Als Betriebswirt VWA verfügen Sie nicht über einen staatlich anerkannten Abschluss als Betriebswirt. Gleichwohl besteht sicherlich eine Nähe zwischen dem staatlich geprüften Betriebswirt und dem Betriebswirt VWA. Es bleibt Ihnen die Möglichkeit, über ein Gespräch mit dem Finanzamt die Anerkennung als Beratender Betriebswirt zu suchen.

Beachten Sie bitte: Akzeptiert das Finanzamt Ihre Dienstleistung als freiberuflich („selbstständig“ im Steuerdeutsch), ist damit keine förmliche Anerkennung verbunden. Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die „verbindliche Auskunft“ des Finanzamtes, die mit hohen Anforderungen und auch mit Kosten verbunden ist.

Detaillierte Informationen zum beratenden Betriebswirt bietet das BMWi mit der PRAXISHILFE: Beratender Betriebswirt als freier Beruf (PDF, 53  KB).

Lehre und Coaching
Unter welchen Voraussetzungen Sie im Bereich Lehre und Coaching freiberuflich im Sinne des Einkommensteuergesetzes tätig werden, erklärt das BMWi ausführlich mit der PRAXISHILFE: Lehrende, Trainer und Coaches – freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit? (PDF, 101  KB).

Beachten Sie dabei bitte besonders das Folgende zum Coach: Als selbstständiger Coach fallen Sie nicht unter den Katalogberuf des beratenen Betriebswirts, da sie sich auf die spezifische Beratung des mentalen Bereichs in kommunikativer Weise konzentrieren. Aber der Coach kann unterrichtend freiberuflich sein. Ein Beispiel aus der Rechtsprechung: (Zitat) Wenn selbständige Unternehmensberater sich darauf beschränkend spezialisieren, seminarmäßig für Unternehmen tätig zu werden, um deren Mitarbeitern, soweit sie Vorgesetzte sind, die Fähigkeit des Coachings zu vermitteln, werden sie unterrichtend tätig (Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 15.1.2003, DStREE 10/2003). (Zitatende)

Personalvermittlung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat im Jahr 2002 einen Diplom-Kaufmann für gewerblich erklärt, der in der Personalberatung tätig war. Dabei handelte es sich nicht nur um eine vermittelnde Tätigkeit, sondern um eine komplexe Dienstleistung: Erstellung von Anforderungsprofilen, Kontaktpflege, Beurteilung von Bewerbungsunterlagen, Führung von Bewerbungsgesprächen und Unterbreiten von Vorschläge für geeignete Kandidaten. Als wichtigen Vorbehalt stellte das Gericht fest, dass die Zahlung von Erfolgshonoraren für Personalvermittlung grundsätzlich gewerblich sei (Erfolgshonorare sind immer ein deutliches Indiz für Gewerbe). Hauptargument war jedoch die Spezialisierung der Aufgabe. Zitat: „Für die Zuordnung zum Beruf eines beratenden Volks- oder Betriebswirts (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG) fehlt die Voraussetzung, dass sich die Tätigkeit auf einen Hauptbereich der Betriebswirtschaft erstrecken muss (BFH-Urteil vom 4. 5. 2000 IV R 51/99, BStBl II 2000, 616). Denn prägend für die streitige Tätigkeit ist nicht die Beratung, sondern die Vermittlung von Personal, die nicht typisch für einen beratenden Betriebswirt, sondern für eine - gewerbliche - Maklertätigkeit ist (vgl. BFH, Urteil v. 26.11.1998, IV R 59/97, BStBl II 1999, 167 zu sog. Spielerberatern). Dies gilt selbst dann, wenn der Steuerpflichtige im Übrigen die berufsrechtlichen Voraussetzungen für die Ausübung eines sog. Katalogberufs i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG erfüllt (BFH, Urteil v. 27. 2. 1992, IV R 131/90, BFH/NV 1992, 664).“ (Zitatende) Quelle: BFH, Urteil vom 19.09.2002, IV R 70/00

Möglicherweise werden nicht alle Tätigkeiten den freien Berufen zugeordnet. Damit könnte eine so genannte „gemischte Tätigkeit“ vorliegen. Was damit gemeint ist und wie Sie damit umgehen, zeigt das BMWi auf der Infoseite „Gemischte Tätigkeiten - gewerblich und freiberuflich“.

Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
Dezember 2018

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