Antwort
Die Rechtsprechung knüpft bei der Beurteilung der Freiberuflichkeit von Unternehmensberaterinnen in erster Linie an eine qualifizierte, fachlich auf die konkrete Berufstätigkeit bezogene Vorbildung an. Darüber hinaus muss die praktische Tätigkeit des Beraters hinreichend breit angelegt sein.
Der für die Beurteilung des Unternehmensberaters relevante Katalogberuf ist der des beratenden Betriebswirtes. Erforderlich sind insbesondere das Vorhandensein und der tatsächliche Einsatz von Kenntnissen aus den Hauptbereichen der Betriebswirtschaftslehre. Ein Beruf ist einem Katalogberuf ähnlich, wenn er in wesentlichen Punkten, insbesondere im Hinblick auf die Ausbildung und berufliche Tätigkeit mit ihm verglichen werden kann.
"Mit der Tätigkeit eines beratenden Betriebswirts ist kein festes Berufsbild verknüpft. Die Rechtsprechung hat als beratenden Betriebswirt denjenigen angesehen, der eine bestimmte Berufsausbildung auf dem Gebiet der Betriebswirtschaft erworben hat. Außer der Ausbildung an einer Universität oder technischen Hochschule, mit Diplomabschluss kann diese Ausbildung auch an einer Fachhochschule oder an einer Fachakademie mit dem Abschluss staatlich geprüfter Betriebswirt erreicht werden. ... Beratender Betriebswirt wird deshalb nur derjenige, der entweder über eine abgeschlossene Ausbildung als Betriebswirt verfügt oder sich in Form eines vergleichbaren Selbststudiums, verbunden mit praktischer Erfahrung, Kenntnisse in allen hauptsächliche Bereichen der Betriebswirtschaftslehre angeeignet hat, die denen vergleichbar sind, die in einem der genannten Ausbildungsgänge üblicherweise erworben werden können. Er muss die fachliche Breite seines Wissens bei seiner praktischen Tätigkeit einsetzen können und auch einsetzen. ... Die notwendige Breite der Betätigung ist allerdings schon dann vorhanden, wenn sich die Beratung wenigstens auf einen betrieblichen Hauptbereich der Betriebswirtschaft bezieht (BFH-Urteil vom 18. August 1988 V R 73/83). Nicht ausreichend ist die Tätigkeit, wenn sie sich nur auf einen engen Teilbereich der Betriebswirtschaft bezieht."
Quelle: Urteil vom 14.08.1990, Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Az.: 2 K 57/88
"Die Betriebswirtschaftslehre umfasse in der Regel folgende Hauptgebiete wie Investition und Finanzierung, Bankwesen, betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Wirtschaft, Marktforschung, Werbung und Verkauf, Buchführung, Handels- und Steuerbilanzen, Kostenrechnung einschließlich Plankostenrechnung und Betriebsstatistik, Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Arbeits- und Wirtschaftsstrafrecht, Mathematik einschließlich Wirtschaftsmathematik, Operations- Research, Lagerhaltung, Materialwirtschaft, Transport und Produktion, Netzplantechnik, Kapazitäts-, Zeit- und Kostenplanung, Datenverarbeitung, Wirtschaftsinformatik, Programmiersprache, Personal- und Ausbildungswesen, Berufs- und Arbeitspädagogik und Volkswirtschaftslehre.“
Quelle: Wotschofsky/Hüsing: Zur Gewerblichkeit freiberuflich Tätiger am Beispiel des Unternehmensberaters, in Stbg 1999 Nr. 7, Seite 332
Folgendes sollten Beraterinnen ohne Studienabschluss deshalb zur Vermeidung der Einstufung als gewerblich beachten:
- Theoretische Kenntnisse auf allen Gebieten der Betriebswirtschaft müssen anhand praktischer Arbeiten nachgewiesen werden. Bei der Darstellung der Tätigkeit gegenüber den Finanzbehörden sollte man deshalb auf die hinreichende Breite und Tiefe der Kenntnisse und deren Anwendung im Rahmen einer anspruchsvollen Tätigkeit achten. Sofern möglich, ist dieser Aspekt bereits bei der Übernahme von Beratungsverträgen (Auswahlentscheidung) in Betracht zu ziehen.
- Spätestens bei der Darstellung gegenüber den Finanzbehörden sollte man jeglichem Eindruck entgegenwirken, eine schädliche Spezialisierung oder die Tätigkeit im Rahmen eines eigenständigen Berufsbildes sei anzunehmen.
- Werden neben freiberuflichen Tätigkeiten auch unzweifelhaft gewerbliche Tätigkeiten ausgeübt, muss durch organisatorische und vertragliche Maßnahmen die Trennbarkeit sichergestellt werden. Entsprechendes gilt, wenn die freiberufliche Tätigkeit im Rahmen einer Mitunternehmerschaft ausgeübt wird. Dann bieten sich insbesondere vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten an.
Nun wird es für Sie erst richtig kompliziert. Denn: PR-Beraterinnen werden von der Finanzverwaltung in der Regel als gewerblich angesehen. Als PR-Beraterin sind Sie normalerweise für die Darstellung von Unternehmen in der Öffentlichkeit zuständig. Sie erreichen dies durch Pressearbeit, also die Kontaktaufnahme zu Medien, die Veranstaltung von Pressekonferenzen und die Herstellung von langfristigen Kontakten zwischen Journalisten und Unternehmen usw. Sie erarbeiten Strategien für die Öffentlichkeitsarbeit, erstellen Pressemitteilungen und werten in Effizienzanalysen den Erfolg ihrer Arbeit aus. Damit haben Sie eine große Nähe zu den Freien Berufen. Allerdings sieht dies die Rechtsprechung für den Regelfall anders.
Leitsatz: Die PR-Beratung stellt nach der Rechtsprechung eine nicht trennbar gemischte Tätigkeit dar, deren vorherrschendes Element das Gewerbe ist.
Argumentationsansätze zugunsten einer freiberuflichen Tätigkeit:
journalistische oder schriftstellerische Tätigkeit
1. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. April 1978 VIII R 149/74 (BFHE 125, 369, BStBl II 1978, 565) ist Journalist i.S. des § 18 Abs. 1 EStG, wer eine in erster Linie auf Information über gegenwartsbezogene Geschehnisse gerichtete Tätigkeit ausübt, bei der die Sammlung und Verarbeitung von Informationen des Tagesgeschehens, die kritische Auseinandersetzung zu den Ereignissen auf politischem, gesellschaftlichem, wirtschaftlichem oder kulturellem Gebiet das Berufsbild ausmachen. Es kann dahinstehen, ob - und ggf. inwieweit - an dieser Definition festzuhalten ist (zur Platzierung von fotografischen Aufnahmen im redaktionellen Teil von Zeitschriften zu Werbezwecken vgl. Senatsurteil vom 19. Februar 1998 IV R 50/96, BFHE 185, 400, BStBl II 1998, 441).
2. Auch wenn man annehmen wollte, ein PR-Berater sei mit den von ihm verfassten Text- und Bildbeträgen (Pressemitteilungen) journalistisch oder jedenfalls schriftstellerisch tätig geworden, ist seine Gesamttätigkeit auf der Grundlage der vom FG getroffenen, den Senat bindenden Feststellungen (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -FGO-) doch einheitlich als gewerblich einzustufen. Übt ein Steuerpflichtiger sowohl eine freiberufliche als auch eine gewerbliche Tätigkeit aus, so sind sie nach der (jüngeren) steuerlichen Rechtsprechung zu trennen, sofern dies nach der Verkehrsauffassung möglich ist. Das gilt auch dann, wenn sachliche und wirtschaftliche Bezugspunkte zwischen den verschiedenen Tätigkeiten bestehen (vgl. z.B. Senatsurteil vom 11. Juli 1991 IV R 102/90, BFHE 166, 36, BStBl II 1992, 413). Sind allerdings Tätigkeiten derart miteinander verflochten, dass sie sich gegenseitig unlösbar bedingen, so liegt eine einheitliche Tätigkeit vor, die steuerlich danach zu qualifizieren ist, ob das freiberufliche oder das gewerbliche Element vorherrscht (Senatsurteil in BFHE 166, 36, BStBl II 1992, 413).
Quelle: vgl. BFH-Urteil vom 24.09.1998, Az.: IV R 16/98
Ist PR nicht der (alleinige) Schwerpunkt Ihrer Tätigkeit, so können Sie diesen Abschnitt als Exkurs betrachten!
Fazit: Aufgrund Ihrer Berufserfahrung und der Ausbildung an der Fernuniversität Hagen können Sie von einer ausreichenden Qualifizierung ausgehen. Die erforderliche Breite des BWL-Wissens kann sich aus der Ausbildung in Hagen ergeben mit einem sehr breiten Lernspektrum in BWL. Hinzu kommt, dass Marketing allgemein ohne erhebliche BWL-Kenntnisse in anderen Bereichen nicht funktioniert (z.B. Kostenrechnung). Dieser Zusammenhang dürfte auch in Ihrer beruflichen Praxis die Basis Ihrer Tätigkeit gewesen sein. Somit sind Sie von den fachlichen Voraussetzungen auch ohne einschlägigen Hochschulabschluss gut dabei. Wenn Ihre Tätigkeit nun das Marketing umfasst und PR nur ein Teil dieses Aufgabenbereiches darstellt, so ist auch diese Anforderung erfüllt. Sie haben sich also auf ein Hauptgebiet der BWL spezialisiert, verfügen aber gleichzeitig über breites betriebswirtschaftliches Wissen und entsprechende Erfahrungen. Dies würde zur Begründung Ihrer steuerlichen Freiberuflichkeit ausreichen.
Beachten Sie aber: Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die "verbindliche Auskunft" des Finanzamtes. Meine Empfehlung ist, der Anzeige der Aufnahme einer freiberuflichen (selbstständigen) Tätigkeit eine schriftliche Begründung beizufügen. So lange Sie nicht tatsächlich Gewerbesteuer bezahlen müssten wäre auch eine nachträgliche Statusänderung kein Schaden.
Quelle:
Dr. Willi Oberlander M.A.
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
Januar 2014