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Bachelor-Abschluss in Banking & Finance: freiberuflicher Unternehmensberatung?

Frage

Ich habe einen Bachelor-Abschluss in Banking & Finance (Schwerpunkt Investitionsbewertung) und studiere Master VWL. Ich möchte daher als freiberuflicher Unternehmensberater anfangen. Die Beratung soll sich über das Gebiet Investition und Kapitalmärkte erstrecken. Speziell im Währungsbereich (z.B. Absicherung), da ich hier mehrjährige praktische Erfahrungen habe und bereits Seminare als Coach anbiete. Was meinen Sie, wie stehen die Chancen, oder wie kann ich diese erhöhen als Freiberufler eingestuft zu werden?

Antwort

Ihr Bachelor-Abschluss ist für die steuerliche Freiberuflichkeit ausreichend, denn damit haben Sie die erforderliche Breite Ihres BWL-Wissens nachgewiesen. Wenn Ihre Tätigkeit vor allem wohl im Bereich Investition und Finanzierung angesiedelt ist, sollte einfach die Frage gestellt werden, ob diese Fachgebiete laut Definition von Ihnen umfassend gestaltet werden. Grundsätzlich sind Ihre Chancen für die steuerliche Freiberuflichkeit positiv zu bewerten. Neu ist Ihre Information, dass Sie Seminare anbieten. Hier kommt noch die so genannte "unterrichtende Tätigkeit" in Frage. Sie sind unterrichtend und damit steuerlich freiberuflich tätig, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: "Unterrichtend" ist jede Art der persönlichen Lehrtätigkeit (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 18. Februar 1920 II A 59/20, RStBl. 1920, 244; BFH-Urteil vom 27.September 1956 IV 601/55 U, BFHE 63,357, BStBl. III 1956, 334). Beschränkt sich die Tätigkeit allerdings nicht auf das Vermitteln von Fertigkeiten, sondern werden im Zusammenhang mit der Unterrichtstätigkeit auch noch andere Leistungen geboten, so kann je nach Art und Umfang dieser anderen Leistungen insgesamt eine gewerbliche Betätigung vorliegen. Das gilt bei der Erteilung von Reitunterricht vor allem für die Fälle, in denen neben der Unterrichtserteilung auch noch Reitanlagen zur Verfügung gestellt sowie Clubräume und dergleichen bereitgestellt werden (BFH IV R 191/74, 1978).

"Unterricht ist die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen durch Lehrer an Schüler in organisierter und institutionalisierter Form"(vgl. BFH-Urteile vom 13.Januar 1994 IV R 79/92, BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362, und vom 18. April 1996 IV R 35/95, BFHE 180, 568, BStBl II 1996, 573). Diese organisierte und institutionalisierte Form des Unterrichts setzt u. a. ein auf ein bestimmtes Fachgebiet bezogenes schulmäßiges Programm zur Vermittlung von Kenntnissen an den/die Lernwilligen voraus. Dies schließt einen Individualunterricht zwar nicht aus, wie sich auch aus den Urteilen des IV. Senats zum Fitness- und Bodybuilding-Studio ergibt (vgl. Urteile in BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362, und in BFHE 180, 568, BStBl II 1996, 573). In diesen Fällen wird bei der Durchführung eines nach Lehrziel und Lehrmethode feststehenden Programms - Training des Körpers unter Zuhilfenahme von Geräten - der Unterricht auf die besonderen Bedürfnisse des einzelnen abgestellt. Lassen sich jedoch Kenntnisse nicht aufgrund eines für das bestimmte Fachgebiet allgemeingültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lehrprogramms vermitteln, sondern erfordert die Tätigkeit die Erarbeitung und Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programms, so stellt dies keine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form mehr dar. Es handelt sich hierbei um eine beratende Tätigkeit. Hier könnte sich in Ihrem Fall eine Schnittstelle zwischen beratendem Betriebswirt und unterrichtender Tätigkeit ergeben, die beide steuerlich freiberuflich sein können.

Da Sie über eine einschlägige wissenschaftliche Ausbildung verfügen, muss die Frage nach den qualifikatorischen Anforderungen in der unterrichtenden Tätigkeit wie beim beratenden Betriebswirt nicht näher erörtert werden. Sollten Sie zu dem nahe liegenden Ergebnis kommen, zwei freiberufliche Dienstleistungen anzubieten, so müssen Sie diese Tätigkeiten lediglich dem zuständigen Finanzamt (Wohnort) anzeigen.

Wenn Sie die Anforderung der Tätigkeit in mindestens einem Schwerpunkt der BWL erfüllen - wovon ich ausgehe -, könnte eine doppelte Freiberuflichkeit vorliegen: als beratender Betriebswirt und mit Ihrer unterrichtenden Tätigkeit.

Quelle:
Dr. Willi Oberlander M.A.
Diplom-Betriebswirt (FH)
Geschäftsführer
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
Juli 2014

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