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B.A. in BWL und Wirtschaftspsychologie: Personalberatung anbieten?

Frage

Ich habe einen Bachelor of Arts in Business Administration (also BWL) und einen Master of Science in Wirtschaftspsychologie und möchte Personalberatungen bzw. Recruitern meine Leistungen hinsichtlich der Eignungsdiagnostik von Bewerbern anbieten. Ich will ausdrücklich KEINE makelnde Tätigkeit ausüben, sondern einzig und allein dazu beraten, ob ein Bewerber für die jeweilige Stelle geeignet ist oder nicht. Gilt dies als freiberufliche Tätigkeit oder nicht?

Antwort

Als Bachelor of Arts in Business Administration und Master of Science in Wirtschaftspsychologie haben Sie grundsätzlich zwei Zugänge in den freien Beruf: über die beratende Betriebswirtin bzw. den beratenden Betriebswirt und der Psychologin oder den Psychologen.
Es gibt eine umfangreiche Rechtsprechung zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Tätigkeit als beratender Betriebswirt nach Einkommensteuerrecht vorliegt.

Hinsichtlich der Wirtschaftspsychologin und des Wirtschaftspsychologen beziehen Urteile sich insbesondere auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH v. 20.06.2006 - XI B 2/06) zur gewerblichen Tätigkeit eines auf dem Gebiet der Unternehmensberatung tätigen Diplom-Psychologinnen und Diplom-Psychologen (siehe auch BFH, Urteil v. 27.2.1992, IV R 27/90, BStBl II 1992, 826; BFH, Urteil v. 11. 6. 1997, XI R 2/95, BStBl II 1997, 687; BFH, Urteil v. 16. 10. 1997, IV R 19/97, BStBl II 1998, 139).

Für Sie würde es schwierig, als beratende Betriebswirtin und als beratender Betriebswirt als Freiberuflerin und als Freiberufler akzeptiert zu werden, da Sie nur bedingt in einem Schwerpunkt der BWL tätig sind. Diese Hauptgebiete der BWL sind nach der Rechtsprechung des BFH: Unternehmensführung, Leistungserstellung (Fertigung von Gütern/Bereitstellung von Dienstleistungen), Materialwirtschaft, Finanzierung, Vertrieb, Verwaltungs- und Rechnungswesen sowie Personalwesen. Dabei ist also Personalwesen in seiner Gesamtheit gefordert und nicht „nur“ Personalrecruitment als Teilgebiet des Personalwesens – inwieweit dies der Realität in Unternehmen entspricht, ist eine andere Frage!

Sehen Sie hierzu die Praxishilfe des BMWi zum beratenden Betriebswirt als freiem Beruf.

Psychologen mit Hochschulabschluss sind nicht im Einkommensteuergesetz, sondern im Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG) als freier Beruf genannt. Daraus folgt, dass Sie freiberuflich auch im einkommensteuerlichen Sinne tätig sind, wenn Sie im Rahmen dieses Berufsbildes arbeiten. Dies gilt auch dann, wenn Sie in der Unternehmensberatung tätig sind, jedoch als Wirtschaftspsychologe und nicht als beratende Betriebswirtin bzw. als beratender Betriebswirt (siehe oben). Vorstellbar ist dies etwa in Kooperation mit einer beratenden Betriebswirtin bzw. einem beratenden Betriebswirt – das kommt in der Praxis durchaus häufiger vor in Form von interdisziplinären Teams. In diesem Berufsfeld können Sie also freiberuflich tätig sein.

Zu berücksichtigen ist noch die unterrichtende Tätigkeit. Hierzu verweise ich auf ein Urteil des Finanzgerichts Nürnberg: „Wenn selbständige Unternehmensberater sich darauf beschränkend spezialisieren, seminarmäßig für Unternehmen tätig zu werden, um deren Mitarbeitern, soweit sie Vorgesetzte sind, die Fähigkeit des Coachings zu vermitteln, werden sie unterrichtend tätig“ (FG Nürnberg, Urteil vom 15.1.2003, DStREE 10/2003). „Seminarmäßig“ bedeutet: Dies gilt nur für Unterricht in Form von Seminaren, Workshops usw. Bei Einzelunterricht muss ein Lehrplan zugrunde liegen. Dies würde auch für Wirtschaftspsychologen gelten, die entsprechend tätig werden. Liegt allerdings kein Lehrplan zugrunde (das kann auch ein selbst gestalteter Lehrplan sein), so haben wir es steuerlich mit Beratung zu tun. Da wären wir wieder beim beratenden Betriebswirt.

Nähere Informationen zur unterrichtenden Tätigkeit im freien Beruf finden Sie in der PRAXISHILFE: Lehrende, Trainer und Coaches – freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit?.

Quelle:
Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung

Stand:
April 2020

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