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Agrarberatung und Verkauf von Maschinen: freiberufliche Tätigkeiten?

Frage

Ich möchte mich unter Beteiligung eines Mentors (ehemaliger Professor) als Agrarberater selbständig machen. Schwerpunkte sind Fütterungsplanung und -überwachung, Management und Optimierung von Arbeitsabläufen. Nebenbei möchte ich für eine Firma den Verkauf von Maschinen und Software vermitteln. Ich befinde mich zurzeit im Masterstudium der Tierwissenschaften. Gelten diese Tätigkeiten als freiberufliche Tätigkeit? Welches wäre die zu bevorzugende Rechtsform?

Antwort

Als Agrarberater wäre die Ähnlichkeit mit dem Katalogberuf (im Einkommensteuergesetz genannter Beruf) des beratenden Betriebswirts ein Weg in den freien Beruf. Da die wirtschaftliche Beratung landwirtschaftlicher Betriebe zum Berufsbild des Agrarberaters zählt und Sie wohl auch entsprechende Studieninhalte absolviert haben, erscheint dies als gangbare Möglichkeit.

Das Berufsbild des Agrarberaters beinhaltet unter anderem

  • die Beratung landwirtschaftlicher Betriebe (z.B. zu Tierproduktion, Pflanzenbau oder Produktvermarktung) … oder
  • die Untersuchung und Verbesserung von Produktionsbedingungen und -methoden

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, berufenet

Voraussetzungen an die berufliche Qualifikation des beratenden Betriebswirts:
Die Rechtsprechung stellt hierzu fest: „Mit der Tätigkeit eines beratenden Betriebswirts ist kein festes Berufsbild verknüpft. Die Rechtsprechung hat als beratenden Betriebswirt denjenigen angesehen, der eine bestimmte Berufsausbildung auf dem Gebiet der Betriebswirtschaft erworben hat. Außer der Ausbildung an einer Universität oder technischen Hochschule mit Diplomabschluß kann diese Ausbildung auch an einer Fachhochschule mit dem Abschluß als graduierter Betriebswirt oder an einer Fachakademie mit dem Abschluß als staatlich geprüfter Betriebswirt erreicht werden. Beratender Volks- und Betriebswirt wird deshalb nur derjenige, der entweder über eine abgeschlossene Ausbildung als Betriebswirt verfügt oder der sich in Form eines vergleichbaren Selbststudiums, verbunden mit praktischer Erfahrung, Kenntnisse in allen hauptsächlichen Bereichen der Betriebswirtschaftslehre angeeignet hat, die denen vergleichbar sind, die in einem der genannten Ausbildungsgänge üblicherweise erworben werden. Er muß die fachliche Breite seines Wissens bei seiner praktischen Tätigkeit einsetzen können und auch einsetzen (vgl. BFH-Urteile vom 18. August 1988 - V R 73/83 BStB1 II 1989, 212; und vom 28. Juni 1989 - I R 114/85 BStB1 II 1989, 956).“ Eine Ausbildung auf einem Spezialgebiet der BWL - wie Marketing - genügt nicht.

Beratender Betriebswirt - Anforderungen an die Tätigkeit:
Dem Berufsbild des beratenden Volks- und Betriebswirts ist ein Beruf also nur dann ähnlich, wenn er auf einer entsprechend breiten Vorbildung beruht und wenn sich die Beratungstätigkeit auf einen vergleichbar breiten betrieblichen Bereich erstreckt. Die notwendige Breite der Betätigung ist schon dann vorhanden, wenn sich die Beratung wenigstens auf einen betrieblichen Hauptbereich der Betriebswirtschaft bezieht (BFH in BFHE 154, 327, BStBI 1989, 212). Zu den Hauptbereichen bzw. Schwerpunkten der Betriebswirtschaftslehre gehören laut Rechtsprechung Unternehmensführung, Leistungserstellung (Fertigung von Gütern/Bereitstellung von Dienstleistungen), Materialwirtschaft, Finanzierung, Vertrieb, Verwaltungs- und Rechnungswesen sowie Personalwesen (BFH-Urteil vom 14.3.1991 (IV R 135/90) BStBl. 1991 II S. 769).

Wissenschaftliche Tätigkeit:
Schon die ausgeprägte Praxisorientierung Ihrer Dienstleistung schließt eine wissenschaftliche Tätigkeit aus. Wissenschaft erforscht nach der Rechtsprechung zu freien Berufen grundsätzliche Fragen oder konkrete Fälle systematisch in ihren Ursachen und begründet einen Verständniszusammenhang. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Arbeit müssen von der Methodik her nachprüfbar und nachvollziehbar sein. Beratende Tätigkeiten sind vor allem dann als wissenschaftlich zu qualifizieren, wenn im Rahmen einzelner Aufträge gestellte Aufgaben einen Schwierigkeitsgrad oder eine Gestaltungshöhe erreichen wie wissenschaftliche Prüfungsarbeiten (z.B. Diplomarbeiten) oder wissenschaftliche Veröffentlichungen aufweisen. Die wirtschaftliche Verwertung wissenschaftlicher Arbeiten und von Forschungsergebnissen in der Produktion erfüllt nicht die Voraussetzungen für eine wissenschaftliche Tätigkeit. Es dürfte schwierig sein, Ihre Tätigkeit als wissenschaftlich im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu qualifizieren.

Bleibt also der beratende Betriebswirt. Ihr Berufsbild lässt eine Zuordnung in die freien Berufe als denkbar erscheinen. Jedoch kann dies nur in Abstimmung mit dem Finanzamt erfolgen. Beachten Sie dazu bitte das Folgende: Es kommt immer wieder vor, dass die Anmeldungen von (vermeintlichen) Freiberuflern bei den Finanzämtern ohne nähere Prüfung akzeptiert werden. Betroffene Personen gehen dann ebenso häufig wie fälschlich von einer Anerkennung als Freiberufler aus. Wenn Sie sich trotz Unsicherheit als freiberuflich (im Steuerdeutsch: selbstständig) bei Finanzamt anmelden, so ist dies unschädlich, so lange nicht eine Betriebsprüfung nachträglich ein Gewerbe feststellt. Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die so genannte „verbindliche Auskunft“ des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit hohen Anforderungen und auch mit Kosten verbunden. Eine Verständigung mit dem Finanzamt ist zu empfehlen.

Ihre Vermittlungstätigkeit ist eindeutig gewerblich. Sie würden also bei Akzeptanz als beratender Betriebswirt eine so genannte „gemischte Tätigkeit“ ausüben. Einzelunternehmen können unabhängig von der Höhe der Umsätze aus freiberuflichen und gewerblichen Tätigkeiten diese Einkünfte steuerlich getrennt erklären. Die Tätigkeiten sind separat zu behandeln, wenn eine Trennung ohne besondere Schwierigkeiten möglich ist oder der Umfang der Tätigkeit mittels vorliegender Daten geschätzt werden kann. Dies ist bei Ihnen offenbar möglich. Rechnungen sollten für beide Tätigkeiten getrennt gestellt werden oder in einer Rechnung separat aufgeführt werden. In der Einkommensteuererklärung müssen die Einkünfte getrennt angegeben werden - in Anlage G (Gewerbe) und Anlage S (freier Beruf).

Als Rechtsform erscheint für beide Tätigkeiten die Einzelunternehmung geeignet. Das BMWi bietet detaillierte Informationen zu Rechtsformen.

Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
August 2018

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