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Wirtschaftspsychologin: systemische Beratung anbieten?

Frage

Ich bin Wirtschaftspsychologin (Bachelor) und habe eine Weiterbildung zur systemischen Beraterin (SG) abgeschlossen. Ich möchte nun systemische Beratung für Diabetiker anbieten. Ich möchte diese Tätigkeit nebenberuflich durchführen - mein Arbeitgeber ist einverstanden. Ich werde keine medizinische Beratung anbieten - da fehlt mir natürlich die Ausbildung. Aber ein Life-Coaching mit der Berücksichtigung der Krankheit Diabetes. Kann ich dies als Freiberufler tun? Muss ich dafür ein Gewerbe anmelden?

Antwort

Als Wirtschaftspsychologin und systemische Beraterin werden Sie mit der Frage konfrontiert, inwieweit diese Qualifikationen zur Beratung im Umgang mit Diabetes qualifizieren. Während Sie nach dem Einkommensteuerrecht als freiberuflich angesehen werden können, ist das Gewerberecht hier strenger gefasst. Dies gilt auch dann, wenn Sie keine medizinische Beratung anbieten, jedoch entsprechende Implikationen erforderlich sind. Beratung oder Coaching kann demnach freiberuflich sein, sofern diese Tätigkeit zu psychologischen, pädagogischen, sozialpädagogischen, medizinischen, juristischen und theologischen Berufsbildern zählt auf der Grundlage einschlägiger Hochschulausbildungen (Ausnahme: Heilpraktiker für Psychotherapie).

Ergänzend verweise ich auch die PRAXISHILFE: Lehrende, Trainer und Coaches – freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit? (PDF, 101  KB) zu unterrichtenden Tätigkeiten, für Sie insbesondere zum Coaching.

Aus einem Urteil zum Personal Trainer: Ein selbstständig tätiger Personal Trainer, der ausschließlich Einzelklienten betreut, übt im Wesentlichen eine beratende und keine lehrende Tätigkeit aus. (Quelle: SG Osnabrück, Urteil v. 30.1.2019, S 1 R 132/17). Es bleibt also die Frage, inwieweit Ihre Dienstleistung dem Berufsbild insbesondere der Wirtschaftspsychologin zugeordnet werden kann.

Bei systemischer Beratung bzw. Coaching wird also die Auffassung vertreten, dass kein schulmäßiges Programm mit individuellem Bezug umgesetzt wird; folglich keine unterrichtende Tätigkeit vorliegt. Wegen der genannten Einschränkung in Bezug auf die mangelnde Übereinstimmung zwischen Qualifikation und Tätigkeit ist jedoch eine eindeutige Festlegung zu Ihrer Freiberuflichkeit nicht möglich. Dies schließt nicht aus, dass Sie von Ihrem Finanzamt als selbstständig (= freiberuflich) „geführt“ werden. Eine formelle Anerkennung ist jedoch damit nicht verbunden - diese erhalten Sie über eine so genannte „verbindliche Auskunft“, die mit hohen Anforderungen und auch mit Kosten verbunden ist. Ohne diese Festlegung der Finanzverwaltung ist ein Freiberuflerstatus nicht gesichert. Es gilt der Grundsatz der Einzelfallprüfung. Sie sollten hierzu ein Gespräch mit dem Finanzamt suchen, das auch eine beratende Funktion hat.

Eine Anmerkung zum Bachelor: Das erfolgreiche Absolvieren eines Bachelorstudiengangs stellt den Abschluss eines Erststudiums dar. Hier gibt es also keine Einschränkungen hinsichtlich der Qualifikation.

Im Übrigen besteht bei der Gewerbesteuer ein jährlicher Freibetrag von 24.500 Euro, der bei nebenberuflichen Tätigkeiten oft die Gewerbesteuerfreiheit gewährleistet. Sollten also Unsicherheiten bestehen, wird Ihnen dieser Freibetrag helfen. Für Ihre Klienten ist die Frage der Zuordnung zu freiem Beruf oder Gewerbe ohnehin kein Thema. Man könnte es auch so formulieren: Eine möglicherweise fälschliche Anzeige eines freien Berufes ist unschädlich, solange die Freibetragsgrenze unterschritten wird. Es wäre zu empfehlen, dem Finanzamt eine selbstständige (hier für freiberufliche) Nebentätigkeit etwa als „Gesundheitspädagogin“ anzuzeigen unter Angabe Ihrer (Hochschul-)Abschlüsse. Vermeiden Sie beim Finanzamt die Bezeichnung „Coach“ oder „Coaching“! Bei nebenberuflichen Tätigkeiten ist das Finanzamt offener für den Zugang zum freien Beruf.

Informationen zu Teilzeit- und Kleinstgründungen erhalten Sie im BMWi-Existenzgründungsportal.

Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
August 2020

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