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Dauer des ersten Insolvenzverfahrens auf zweites Insolvenzverfahren anrechnen?

Frage

Ich habe im Dezember 2002 durch meine Bank ein Insolvenzverfahren bekommen. Leider hat der mich betreuende Rechtsanwalt den Restschuldbefreiungsantrag nicht eingereicht, so dass mein Insolvenzverfahren - ohne - Restschuldbefreiung im Februar 2008 aufgehoben wurde. Seit 2011 befinde ich mich in einem erneuten Insolvenzverfahren. Ich habe über 20 Gläubiger. Aufgrund meines aktuellen Beschäftigungsverhältnisses sehe ich keine Möglichkeit die Schulden auszugleichen, da sich in der Summe auch die nicht geleisteten Abgabeforderungen des Finanzamtes und Krankenkassen befinden.

Ich habe geplant mich selbständig als Berater in meiner Branche zu machen und möchte folgende Fragen stellen. 1. Gibt es eine gesetzliche Möglichkeit die Dauer des ersten Insolvenzverfahren anrechnen zu lassen und wenn ja, wo muss ich den erforderlichen Antrag mit welcher Begründung stellen?
2. Gibt es die Möglichkeit das bestehende Insolvenzverfahren vorzeitig zu beenden?
3. Bei den Forderungen sind fast alle ohne "Titel", kann ich die Gläubiger ansprechen mit der Bitte (ich gehe davon aus, dass sehr viele Beträge wirtschaftlich bereits ausgebucht sind) mir die Schulden zu erlassen?
4. Wenn ich mich selbständig mache, wie kann ich mit den Gläubigern eine Vereinbarung treffen, dass ich einen gewissen Betrag aus den zu erwartenden Gewinn an sie zahle, ohne dass bei steigendem Gewinn dieser gepfändet wird?

Antwort

Leider gibt es keine Möglichkeit, die Zeitdauer des ersten Insolvenzverfahrens auf die Dauer des zweiten anrechnen zu lassen. Sofern Sie bezüglich Ihres ersten Verfahrens mit betreuendem Rechtsanwalt Ihren Insolvenzverwalter meinen, so ist das nicht seine Aufgabe. Allerdings hätte Sie das Insolvenzgericht auf die Möglichkeit eines Antrages auf Restschuldbefreiung hinweisen müssen.

Eine vorzeitige Beendigung Ihres Verfahrens wäre durch ein Insolvenzplanverfahren möglich. Nach Annahme eines Vergleichsangebots durch die Gläubiger wäre Ihr Verfahren beendet. Das setzt allerdings auch die Möglichkeit voraus, einen Vergleichsbetrag aufzutreiben und anzubieten. Diese Lösung wäre im Hinblick auf Ihre deliktischen Krankenkassenforderungen sicherlich anzustreben, da diese Forderungen von der Restschuldbefreiung ausgenommen sein werden. Steuerschulden im Übrigen zurzeit nicht.

Nicht nachvollziehen kann ich, warum die meisten Forderungen ohne Titel sein sollen. Hier wäre vor der Beantragung Ihres zweiten Verfahrens zu prüfen gewesen, ob diese Forderungen bereits verjährt waren. Ich gehe davon aus, dass diese Gläubiger durch das erste Verfahren einen Titel erhalten haben.

In Ihrem Insolvenzverfahren können die Gläubiger gegen Sie nicht vorgehen. Zwangsvollstreckungen sind dabei untersagt. Lediglich der Insolvenzverwalter hat diese Möglichkeit. Zahlungen leisten Sie, wenn überhaupt, nur an den Insolvenzverwalter. Der zu zahlende Betrag richtet sich dabei nicht nach Ihrem Gewinn sondern nach einem fiktiven Einkommen, das Sie mit Ihrer Ausbildung und Berufserfahrung unter sozialen, gesundheitlichen und sonstigen einschränkenden Bedingungen verdienen könnten. Es empfiehlt sich, vorher mit dem Verwalter darüber zu sprechen.

Quelle:
Frank Wiedenhaupt
Landesarbeitsgemeinschaft Schuldner- und Insolvenzberatung Berlin e. V.
September 2013

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