Anwaltskanzlei gründen trotz Schulden: Mikrodarlehen beantragen?
Frage
Ich bin Volljuristin, momentan aber leider arbeitslos und "Aufstockerin" (ergänzendes Hartz IV zum Arbeitslosengeld I). Derzeit habe ich ca. 13.000 Euro Schulden aus meinem Studium, einem Ratenkredit sowie der Inanspruchnahme eines Dispo - ich beabsichtige aber trotzdem, mich mit einer eigenen Kanzlei selbständig zu machen. Meinen Kreditverpflichtungen komme ich regelmäßig nach; negative Schufa-Einträge habe ich (soweit mir bekannt) nicht. Kartensperrungen o.ä. liegen auch nicht vor. Mein Gründungskonzept ist tragfähig und innovativ und fußt auf mehreren Faktoren, die die Konkurrenz in der Nähe nicht anbieten kann. Da ich nicht mehr als 20.000 Euro zur Absicherung meiner Grundausstattung, der Kanzleimiete und der ersten Zeit nach der Gründung benötige (nebenbei würde ich auch Einstiegsgeld beim Jobcenter beantragen), käme ein Mikrodarlehen für mich in Frage. Wäre es aber für mich generell überhaupt möglich, mit meinen Schulden dieses Darlehen bewilligt zu bekommen, d.h. wären allein die Schulden der Ausschlussgrund für den Stempel "keine Förderung"?
Antwort
Sie sollten sich für alle Fälle einen aktuellen Schufa-Auszug besorgen, um nicht in den Kreditverhandlungen auf böse Überraschungen zu stoßen. Sie werden sicherlich bei der wirtschaftlichen Eigenauskunft, die die finanzierende Bank verlangen wird, Ihre finanziellen "Verpflichtungen" (nicht Schulden) mit angeben müssen. Wenn dann keine negativen Bonitätsmerkmale vorliegen, wird Ihr Konzept entscheidend sein.
Das Problem an Ihrem Standort ist, dass ein (völliges) Überangebot an Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen besteht. Mehr als die Hälfte der Kanzleien sind Einzelkämpfer und verdienen etwa auf ALG II Niveau. Viele Kanzleien müssen wieder schließen. In den Insolvenzbekanntmachungen kann man das so genau nicht erkennen, weil es sich um Verfahren natürlicher Personen handelt. Durch das Überangebot ist es natürlich das Hauptproblem, Mandanten zu akquirieren (wie in vielen Branchen).
Diese Informationen liegen natürlich auch der Bank vor. Nach Ihren Informationen können Sie Sicherheiten nicht bieten. Es wird also Alles darauf ankommen, die Bank zu überzeugen, in relativ kurzer Zeit Mandanten zu gewinnen. Mandanten, die hinterher auch Ihre Honorarrechnung bezahlen. Was nicht so selbstverständlich ist.
Wenn Sie die Bank überzeugen können, dass Sie in relativ kurzer Zeit "Ihren Laden zum Laufen bringen" und die Rückzahlung dadurch halbwegs gewährleisten können, sollte die Finanzierung zu Stande kommen.
Trotzdem sollten Sie als Plan B überlegen, ob es nicht sinnvoller ist, zunächst in einem Angestelltenverhältnis Ihre Zahlungsverpflichtungen zu reduzieren und in der einen oder anderen Art potentielle Mandanten von Ihrer Leistungsfähigkeit zu überzeugen.
Quelle:
Frank Wiedenhaupt
Landesarbeitsgemeinschaft Schuldner- und Insolvenzberatung Berlin e. V.
Juli 2013
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