Antwort
Die Frage, ob eine nicht in Deutschland über einen Wohnsitz oder Geschäftssitz verfügende Person in Deutschland eine Geschäftstätigkeit aufnehmen darf, ist dahingehend zu beantworten, dass die konkrete Rechtlage individuell nach den jeweiligen aktuellen ausländerrechtlichen, handelsrechtlichen, gewerberechtlichen, gesellschaftsrechtlichen, zivilrechtlichen und weiteren einschlägigen Bestimmungen in Deutschland und in dem betreffenden Wohnsitzausland der nicht in Deutschland gemeldeten Person, bei Ihnen also in Schweden, geprüft werden muss.
Dabei spielt es u.a. eine Rolle, ob die nicht in Deutschland gemeldete Person EU-/EWR-Bürger(-in) - also Bürger bzw. Bürgerin der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums ist - was für Sie, wenn Sie Deutscher sind und in Schweden gemeldet sind, gegeben ist -, ob Sie (auch) einen Wohnsitz oder Geschäftssitz in Deutschland haben oder haben werden und ob Sie alle Voraussetzungen erfüllen, um in Deutschland eine selbständige Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts auszuüben. Dabei muss jeder deutsche GbR-Gesellschafter und jede deutsche GbR-Gesellschafterin bei allen einschlägigen Behörden wie Finanzamt, Gewerbeamt (wenn ein Gewerbe ausgeübt wird) und sonstigen verantwortlichen Ämtern gemeldet sein und es müssen auch alle gesetzlichen Vorschriften für die konkrete Tätigkeit in der GbR nach deutschem Recht erfüllt sein. Bei einer GbR hat nach dem deutschen Recht sowohl die GbR als Gesellschaft als auch jeder Gesellschafter und jede Gesellschafterin der GbR eine eigene Steuernummer und eine eigene Steuerveranlagung.
Da Sie aktuell gleichzeitig in Vollzeit in einem Unternehmen in Schweden tätig sind, wird auch zu prüfen sein, ob Sie nach Ihrem Anstellungsvertrag dort zu Tätigkeiten außerhalb der Arbeit für Ihren in Schweden ansässigen Arbeitsgeber berechtigt sind, ob ein arbeitsvertragliches oder gesellschaftsrechtliches oder sonstiges Wettbewerbsverbot betroffen sein könnte, welche rechtliche und steuerliche Situation Sie nach schwedischem Recht aktuell haben und welche Auswirkungen zukünftig geplante Geschäftstätigkeiten in Deutschland für Ihre Rechtssituation in Schweden haben könnten. Angesichts der Komplexität Ihres konkreten Einzelfalls ist eine individuelle Erfassung aller Umstände zu den aktuell gegebenen Fakten Ihrer Arbeitsplatzsituation in Schweden und zu den möglichen zukünftigen Einzelheiten Ihrer überlegten geschäftlichen grenzüberschreitenden Wirkungsweise erforderlich.
Denn möglich wäre es zum Beispiel auch, dass Ihr Bruder in Deutschland ein Unternehmen für die Entwicklung und Vermarktung von WebApps gründet, z.B. eine GmbH oder eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), und dass Sie Kooperationspartner oder beauftragter IT-Entwickler für das Unternehmen Ihres Bruders sind, auch könnten Sie in Schweden eine Niederlassung oder Tochtergesellschaft für ein deutsches Unternehmen gründen oder ein komplett eigenständiges Unternehmen gründen, wobei man die Geschäftsbereiche unterschiedlich ausrichten könnte. Ferner könnten Sie auch stiller Teilhaber mit Wohnsitz in Schweden bei einem zu gründenden Unternehmen Ihres Bruders in Deutschland sein oder Sie könnten alternativ in Deutschland einen Zweitwohnsitz bei Ihrem Bruder anmelden und dort dann auch den Sitz einer nach deutschem Recht zu gründenden GbR mit Ihrem Bruder in Deutschland anmelden und die GbR betreiben, wenn dafür alle Voraussetzungen vorliegen, um nur einige Rechtskonstellationen zu nennen. Wie Sie sehen, sind sehr viele Möglichkeiten gegeben. Idealerweise wenden Sie sich daher an eine international tätige Anwaltskanzlei, die sich auf beide Rechtsordnungen der Länder Deutschland und Schweden spezialisiert hat und Sie auch zu allen arbeits- und steuerrechtlichen Fragen, die ebenfalls sehr komplex sind, ausführlich beraten kann, damit für die von Ihnen überlegte gemeinschaftliche Tätigkeit mit Ihrem Bruder die am besten passende länderübergreifende und damit internationalrechtliche Gestaltung gefunden werden kann.
Quelle: Dr. Babette Gäbhard
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Mitglied der Rechtsanwaltskammer München
Mai 2019
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