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Kleingewerbe in Deutschland trotz längeren Auslandsaufenthalts?

Frage

Ich werde ab Juli eine längere Auslandsreise machen - vermutlich länger als drei Monate, sodass ich wohl verpflichtet bin mich aus Deutschland abzumelden. Allerdings habe ich ein Kleingewerbe, das ich gerne in Deutschland lassen und dafür natürlich auch Steuern zahlen möchte. Ich werde aber wohl keine deutsche Meldeadresse mehr besitzen. Was ich jedoch vorweisen könnte, wäre eine familiäre Adresse, wo ein Familienangehöriger eine Vollmacht besitzen wird und auch meine Post entgegennehmen kann. Meine Frage ist, ob ich unter diesen Voraussetzungen mein Kleingewerbe in Deutschland auch ohne eigene Meldeadresse behalten kann? Kann ich diese Adresse dann auch für meine Steuererklärung nutzen?

Antwort

Ihre Frage nach dem richtigen Umgang mit der grundsätzlich gesetzlich vorgeschriebenen Abmeldepflicht eines Kleingewerbes nach § 14 Gewerbeordnung bei einer Wohnsitzabmeldung und einem Wegzug von Ihnen aus Deutschland und der damit verbundenen mutmaßlich faktischen Gewerbeausübungseinstellung kann anhand der wenigen Informationen von Ihnen nicht geprüft werden. Offen ist insbesondere, in welchem Rechtsstatus mit welchen rechtlichen Bedingungen Sie bisher welche Art von Kleingewerbe in welcher Branche in welcher Art und Weise ausgeübt haben, ob Sie z.B. deutsche Staatsangehörige oder EU-Bürgerin oder Person aus einem Drittstaat sind und in welchem Land oder in welchen Ländern Sie zukünftig gemeldet sein werden oder ob Sie komplett außerhalb der Meldepflichten nur auf Reisen weltweit unterwegs sein wollen.

Offen ist weiter, ob Sie einen Geschäftssitz für Ihr Kleingewerbe in Deutschland hatten oder haben, ob und wie Sie das Kleingewerbe vom Ausland aus fortsetzen wollen und können, ob Sie sich dann zeitweise in Deutschland aufhalten wollen, um Ihr Gewerbe zu betreiben, oder ob Sie nicht in Deutschland sein werden, ferner ist offen, ob Sie die Tätigkeit höchstpersönlich im Rahmen einer entsprechenden Zulassung erbringen müssen und/oder ob Sie Mitarbeiter oder Familienmitglieder einsetzen können, dürfen und wollen, die in Deutschland die tatsächliche Geschäftstätigkeit fortsetzen würden, ob Sie voraussichtlich dauerhaft auswandern werden und wenn ja, in welches Land, siehe oben, uvm.

Unklar ist vor allem auch, wie Sie - im Ausland lebend oder auf Reisen unterwegs sich befindlich - in Deutschland mit Ihrem Kleingewerbe tatsächlich Geld verdienen wollen, denn Sie schreiben ja, dass Sie bereit seien, Steuern in Deutschland zu bezahlen, was ja Einkünfte voraussetzt, während Sie auf Reisen sein werden. Nicht überprüfbar ist ferner die Frage, ob Sie eine Art von Gewerbe ausüben, bei der Sie faktisch die Tätigkeit zukünftig außerhalb von Deutschland und/oder außerhalb der EU erbringen. Es könnte dann nämlich eine Verlegung Ihres Gewerbes von Deutschland ins Ausland vorliegen. Dann könnte gegebenenfalls eine Steuerpflicht für Sie im jeweiligen Land, in dem Sie sich dann aufhalten und/oder gemeldet sein werden, bestehen.

Aufgrund der fehlenden Fakten und der Komplexität des international gelagerten Sachverhaltes kann ich nachfolgend nur unverbindlich und ohne Anspruch auf Einschlägigkeit oder Vollständigkeit einige Anregungen geben:

Es besteht grundsätzlich in Deutschland die Möglichkeit, ein Gewerbe auf unbestimmte Zeit als ruhend zu melden, d.h. vorübergehend still zu legen. Diese Erklärung geben Sie idealerweise jetzt ab, während Sie noch einen rechtswirksamen Wohnsitz und/oder Geschäftssitz in Deutschland haben, an welchem Ihr Gewerbe gemeldet ist. Die Ruhendstellung ist dem Finanzamt und allen weiteren zuständigen Behörden, Berufsorganisationseinrichtungen, z.B. Kammern z.B. Industrie- und Handelskammer, berufsständische Kammer, Berufsgenossenschaft, Versicherungen, Vertragspartnern und sonstigen Stellen anzuzeigen, mit denen Sie bezogen auf Ihr Kleingewerbe in gesetzlichen oder vertraglichen Beziehungen stehen. Vorteil ist u.a., dass die erforderlichen Genehmigungen für die Ausübung Ihres Kleingewerbes in Deutschland dann aufrecht erhalten bleiben.

Ihre Frage, ob es sinnvoll und notwendig ist, einen Familienangehörigen oder eine sonstige zuverlässige und rechtlich in Betracht kommende Person als Zustellungsbevollmächtigten und Vertreter zu bestellen, ist für den Fall, dass Sie Ihr Kleingewerbe ruhend stellen, positiv zu beantworten, damit Ihr Kleingewerbe während Ihrer Auslandsabwesenheit eine Geschäftsanschrift hat und wirksam vertreten ist. Der Bevollmächtigte kann dann auch das Kleingewerbe ganz abmelden, wenn Sie ihm zu gegebener Zeit dann einen entsprechenden Auftrag mit Bevollmächtigung zur Abmeldung des Kleingewerbes erteilen. Wichtig ist es, den Bevollmächtigten bereits bei der Mitteilung der Ruhendstellung als ergänzenden Inlandsvertreter für Sie zu benennen.

Sofern Sie jetzt schon wissen, dass Sie aufgrund Ihrer Reise- und Abmeldepläne sowieso mit hoher Wahrscheinlichkeit zukünftig keinen Bezug mehr zu Deutschland haben werden, könnten Sie alternativ auch gleich Ihr Kleingewerbe abmelden und erst einmal abwarten, wie sich Ihre Reise- und Auslandssituation entwickelt, und wenn Sie dann zu dem Ergebnis kommen, wieder in Deutschland sich zu melden und kleingewerbemäßig tätig zu sein, dann wieder mit einem Wohnsitz und/oder Geschäftssitz in Deutschland Ihr Kleingewerbe anmelden. Bei einer Neuanmeldung des Gewerbes müssten Sie dann allerdings wieder alle Voraussetzungen dafür nachweisen. Wenn Sie nur eine vorübergehende Ruhendstellung vornehmen, wäre das nicht notwendig, siehe oben, dann müssten Sie nur die Wiederaufnahme der aktiven Ausübung des Kleingewerbes anzeigen. Allerdings sind Sie auch, nachdem Sie eine vorübergehende Ruhendstellung angezeigt haben, verpflichtet, gemäß § 14 GewO dann, wenn feststeht, dass Sie das Kleingewerbe in Deutschland aus welchen Gründen auch immer nicht mehr ausüben werden, dies den deutschen Ämtern unverzüglich mitzuteilen und das Kleingewerbe dann offiziell nach allen geltenden gesetzlichen Bestimmungen abzumelden.

Ihre Frage, ob Sie - zukünftig ohne Wohnsitz in Deutschland - über einen Familienangehörigen oder über einen sonstigen inländischen Vertreter Ihr Kleingewerbe wie bisher fortsetzen können, kann wie eingangs geschildert nur im Rahmen einer individuellen Prüfung aller Umstände zu Ihrer bisherigen Gewerbeausübung und in Kenntnis Ihrer überlegten zukünftigen Ausübung des Gewerbes von Auslandsreisen unterwegs aus rechtlich geprüft und dann beantwortet werden.

Die Frage, wie Sie wirksam Steuererklärungen abgeben können, lässt sich dahingehend beantworten, dass Sie einem deutschen Steuerberater ein Mandat für die steuerliche Vertretung und Betreuung Ihres Kleingewerbes erteilen können.

Am besten telefonieren Sie noch einmal mit Ihren Finanzamt und Ihrem Gewerbeamt und fragen an, ob in Ihrer Sondersituation, die Sie den Behörden, wie Sie schreiben, ja schon ausführlich geschildert haben, eine Ruhendstellung Ihres Kleingewerbes mit Bestellung eines Bevollmächtigten und der Beauftragung eines Steuerberaters während Ihrer Abmeldezeit in Frage kommt, wenn Sie das möchten und die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen. So haben Sie dann Zeit gewonnen, um festzustellen, ob Sie eine Gewerbeverlegung ins Ausland vornehmen werden, ob Sie Ihr Gewerbe faktisch und rechtlich nach einer etwaigen Reiserückkehr wieder in Deutschland aufnehmen werden oder ob Sie das Gewerbe in Deutschland abmelden und ein neues Gewerbe im Ausland aufnehmen oder gar kein Kleingewerbe mehr ausüben werden. Sollte sich die Thematik der Ruhendstellung mit Bevollmächtigtem und Steuerberater nicht direkt und zeitnah rechtsverbindlich mit den Ämtern klären lassen, wäre es sinnvoll, eine international tätige Großkanzlei mit Standorten auch in den Ländern, in denen Sie sich zukünftig aufhalten und gegebenenfalls melden lassen werden und faktisch Ihre Tätigkeiten ausführen werden, mit der Prüfung der Rechtslage und einer Empfehlung der besten Gestaltung zu Ihrer Sondersituation zu beauftragen.

Quelle: Dr. Babette Gäbhard
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Mitglied der Rechtsanwaltskammer München
April 2019

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